Grundlagenforschung: Chemokine und Chemokin-Blockade
Durch die rasanten Fortschritte der Molekular-Biologie gelingt es zunehmend, die krankhaften Vorgänge bei den einzelnen rheumatischen Erkrankungen zu verstehen. Immer mehr geraten dabei die Botenstoffe ins Blickfeld, die die Funktionen der Körperzellen regulieren (sogenannte Zytokine). Das mittlerweile am meisten bekannte Zytokin in der Rheumatologie ist TNF-alpha. Ein verwandtes Zytokin ist Interleukin-1. Eine ganz andere Gruppe von Zytokinen sind die sogenannten Chemokine. Vor fünf Jahren kannte sie fast keiner. Dann entdeckte man jedoch, daß der AIDS-Erreger HIV-1 sogenannte Chemokin-Rezeptoren benutzt, um in die Zellen zu gelangen. Dies war der Start für intensive Forschungen, um durch die Entwicklung von Chemokin-Rezeptor-Antagonisten die Übertragung der HIV-1-Erreger zu blockieren. Quasi im Sog dieser Ergebnisse entdeckte man Eigenschaften dieser Chemokine, die auch für die Entstehung und das Fortschreiten der Entzündung bei rheumatischen Erkrankungen von Bedeutung sind.
Chemokine haben eine sogenannte chemotaktische Wirkung. D.h., sie ziehen Zellen der Immunabwehr aus der Blutbahn ins Gewebe. Ausserdem spielen sie eine wichtige Rolle bei der Neubildung von Gefäßen. Eine solche Neubildung von Gefäßen ist eine typische frühe Veränderung bei der Entzündung der Gelenkinnenhaut bei der chronischen Polyarthritis.
Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, daß es bestimmte Chemokin-Rezeptoren gibt, durch die Monozyten (Zellen des Immunsystems) in das rheumatische Gelenk gelangen und sie dort festhalten. Aus dieser Entdeckung ergeben sich völlig neue Angriffspunkte bei der Therapie einer Arthritis. Zum einen könnten solche neuen Medikamente auf die Chemokine selber zielen, zum anderen auf die Chemokin-Rezeptoren.
In einer ersten Studie wurde ein neuer Chemokin-Rezeptor-Antagonist geprüft. Dieser wurde entwickelt, um das Einwandern von Monozyten, Makrophagen und Lymphozyten in das Gelenk zu blockieren. Es konnte gezeigt werden, daß sich durch diese neue Substanz die Entzündung deutlich verringern läßt (siehe dazu auch den eigenen Beitrag zum Einsatz der Chemokin-Blockade bei der chronischen Polyarthritis).
(Quelle: ACR Basic Science Symposium: Chemokines and Chemokines-Blockade, Alisa A. Koch, MD, Northwestern University, Chicago, Illinois, Chemokines and their receptors in the pathogenesis of Rheumatoid Arthritis)