Auch bei der medizinischen Versorgung: Deutschland auf dem Weg zum Schlußlicht Europas
Aktuell zum außerordentlichen Deutschen Ärztetag ein Bericht aus der Ärztezeitung: Nur in Portugal ist in Europa die medizinische Versorgung der Patienten schlechter als in Deutschland.
Wir hatten es für die Versorgung der Patienten mit schweren rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis / chronischen Polyarthritis mit den modernen biologischen Medikamenten schon Ende des letzten Jahres gemeldet. Danach liegt Deutschland hier an drittletzter Stelle in Europa vor Italien und Portugal. Sogar im staatlichen englischen Gesundheitssystem, das für seine restriktive Versorgung "berühmt" ist, liegt der Anteil der mit TNF-Blockern behandelten Patienten deutlich höher als in Deutschland.
Nun liegen die Ergebnisse einer repräsentativen europaweiten Umfrage für die medizinische Versorgung aller Patienten vor. Dabei zeigt sich das erschreckende Resultat, dass es Deutschland auf seinem Weg zum Schlußlicht in Europa nun schon fast geschafft hat: Vorletzter Platz vor Portugal.
Wir geben den Artikel aus der Ärztezeitung im folgenden ungekürzt wieder.
Ärzte Zeitung, 18.02.2003
Keine guten Chancen für Patienten in Deutschland
Ärzte sind pessimistisch, wenn es um gute Therapie geht
Ein Widerspruch, mit dem Ärzte in Deutschland längst zu leben gelernt haben: Einerseits müssen sie ihre Patienten nach aktuellem medizinischem Standard behandeln, andererseits werden sie durch Rahmenbedingungen immer wieder daran gehindert. Aber wie groß ist diese Kluft zwischen Anspruch und Möglichkeit inzwischen geworden? Wie sieht es in anderen Ländern Europas aus?
Mit einer repräsentativen Umfrage unter Praktikern, Allgemeinärzten und niedergelassenen Internisten in acht Ländern Europas haben die "Ärzte Zeitung" und mit ihr andere führende Fachmedien versucht, Antworten zu finden.
Wie viele ihrer Patienten können Sie bei den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nach dem aktuellen medizinischen Standard behandeln?
Ich kann 100 % der Patienten nach dem aktuellen medizinischen Standard behandeln, sagen in:
Deutschland 24% der Ärzte
Portugal 5%
Italien 27,5%
Belgien 33%
Österreich 39%
Frankreich 48%
Schweiz 65%
Spanien 76%
Die Ergebnisse sind, jedenfalls für Deutschland, deprimierend. Nur 24 Prozent der Ärzte sagen, daß sie alle ihre Patienten nach dem aktuellen medizinischen Standard behandeln können. Schlimmer ist es nur noch in Portugal. Dort sehen nur fünf Prozent der befragten Ärzte die Möglichkeit, alle Patienten optimal zu behandeln. Deutschland steht auf dem vorletzten Rang.
Beneidenswert sind Patienten dagegen in Spanien und der Schweiz. Dort sprechen 76 Prozent und 65 Prozent der Ärzte von der Chance, eine wirklich gute Therapie machen zu können. In Deutschland hingegen sieht knapp die Hälfte der befragten Ärzte (44,7 Prozent) eine 75-Prozent-Chance für ihre Patienten. Und von einer mageren fifty-fifty-Chance sprechen immer noch 24,7 Prozent der Ärzte. Auch hier nimmt Deutschland den zweitschlechtesten Rang ein. Schlechter ist hier nur noch Italien.
Viel Hoffnung, daß Politiker die Rahmenbedingungen in Zukunft verbessern werden, haben die deutschen Ärzte nach der Umfrage nicht. 54,7 Prozent vermuten, daß alles beim Alten bleibt, und 32,7 Prozent fürchten sogar, daß alles noch schlimmer werden wird. (HR)
Quelle: Medical-Top-Umfrage
Die "Ärzte Zeitung" und andere europäische Fachmedien für Ärzte, die sich in der Gruppe "Medical Top" zusammengeschlossen haben, haben im letzten Jahr in acht europäischen Ländern eine Studie über die Lage und die Befindlichkeit von Allgemeinärzten und niedergelassenen Internisten gemacht. 1150 Ärzten, die knapp 250 000 Kollegen repräsentieren, wurden 26 Fragen gestellt, darunter die nach der Chance für eine optimale Behandlung. Die Studie ist repräsentativ.
Quelle: Ärztezeitung 18.02.2003 (online)