Allergischer Schock bei der 2. Remicade-Infusion: Ist dasselbe nun bei einem Wechsel auf andere TNF-alpha-Hemmer zu erwarten?
Wegen einer Psoriasis-Arthritis werde ich mit Remicade behandelt. Die zweite Infusion von Remicade hat nach ca. 3 Minuten einen allergischen Schock ausgelöst. Kann man davon ausgehen, dass bei anderen TNF-alpha-Medikamenten dasselbe passiert? Ich möchte dies nicht mehr erleben. Welche Möglichkeit hat man dann noch?
In der Regel wird die allergische Reaktion durch den in Remicade enthaltenen Mausanteil hervorgerufen. Der in Remicade enthaltene Wirkstoff Infliximab ist ein sogenannter monoklonaler Antikörper gegen TNF-alpha, der biotechnologisch hergestellt wird. Dabei wird der eigentliche kleine, in der Maus gewonnene TNF-Antikörper durch eine aufwendige Technik an menschliches Immunglobulin quasi angeklebt. Auf diese Weise erreicht man, daß der Antikörper länger im Körper verbleibt und nicht sofort nach Infusion wieder ausgeschieden wird.
Diese Fusion aus einem in einem Tier gewonnenen Antikörper und einem menschlichen Anteil nennt man nach einem griechischen Fabelwesen, der Chimäre, d.h. einer Kreuzung aus Mensch und Tier, einen chimärischen Antikörper.
Gegen den Fremdanteil, in diesem Fall den Mausanteil, kann der Körper nun seinerseits einen Antikörper bilden. Diese neuen Antikörper werden HACA´s genannt (humane antichimäre Antikörper).
Andere TNF-alpha-Blocker sind anders aufgebaut. So ist der neue TNF-alpha-Blocker Adalimumab (Handelsname Humira) ein vollständig humanisierter Antikörper, d.h. er enthält keinen Mausanteil mehr. Allerdings ist Humira bislang nur für die Therapie der rheumatoiden Arthritis / chronischen Polyarthritis und nicht für die Therapie der Psoriasis-Arthritis zugelassen (Remicade ist für diese Anwendung in Deutschland im übrigen auch nicht zugelassen).
Der TNF-alpha-Blocker Etanercept (Enbrel) wirkt durch einen vollständig anderen Wirkmechanismus. Bei dieser Substanz handelt es sich nicht um einen sogenannten monoklonalen Antikörper, sondern um einen löslichen Rezeptor. Das TNF-alpha wird hier nicht wie bei den Antikörpern dadurch außer Gefecht gesetzt, daß sich der Antikörper an TNF-alpha bindet, sondern Enbrel entspricht in seinem Aufbau dem natürlichen Rezeptor, d.h. einer Art Schloß, wie er sich im Körper auf den Zielzellen der Entzündung findet. Der im Gewebe befindliche, medikamentös verabreichte Rezeptor konkurriert nun quasi mit dem Rezeptor auf den Entzündungszellen. Da die Bindungsaffinität von TNF-alpha an den löslichen Rezeptor etwa hundertfach höher ist als für den zellständigen Rezeptor, dockt TNF-alpha am löslichen Rezeptor an und gelangt auf diese Weise nicht an die Zelle, um dort eine Entzündungsreaktion auszulösen oder zu verstärken. Etanercept wird in Zellkulturen hergestellt und ist damit vollständig ohne tierische Anteile. Als einziger TNF-alpha-Blocker ist Enbrel in Deutschland auch für die Therapie der Psoriasis-Arthritis zugelassen.
Bei einem Wechsel von Remicade auf Enbrel ist es nicht zu erwarten, daß es zu einer allergischen Reaktion kommt, da es sich hier um völlig anders aufgebaute Substanzen handelt. Auch bei dem humanisierten Antikörper Humira sollte bei einem Wechsel von Remicade auf dieses Präparat nicht von einer allerdischen Reaktion auszugehen sein.