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Eingeschickt von (Name zum Schutz des Posters zensiert) April 03, 2000 um 01:07:44:

Als Anwort zu: Bechterew - Wie Stoppt man einen Schub ? eingeschickt von (Name zum Schutz des Posters zensiert) March 27, 2000 um 23:52:57:

Hallo Jens,
ich bin Martin, 30 Jahre alt. Bei mir wurde MB erst im letzten Jahr festgestellt. Davor litt ich allerdings schon min 6 Jahre unter den bekannten Erscheinungen unserer Krankheit. In diesen 6 Jahren haben mich mehrere Ärzte verschiedener Fachrichtungen sozusagen abgewimmelt, weil sie nichts gefunden haben. Dadurch war ich auf mich selbst gestellt und habe vieles ausprobiert, was den Schmerz besonders während der üblen Schübe irgendwie mildern könnte. Dabei habe ich natürlich auch viele Dinge kennengelernt, die den Schmerz schnell verstärken. Ich werde beide Richtungen beschreiben, vielleicht hilft es Dir.
Ich habe durch den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen gelernt, daß der MB bei jedem Menschen individuell anders auftritt und somit auch jeder anders auf Praktiken und Therapien anspricht. Gehe also bitte vorsichtig mit meinen Erfahrungen um, bei Dir wirken sie evtl. ganz anders.
Was mir während der schlimmen Schübe geholfen hat:
- relativ wenig Bewegung; je mehr ich mich bewegte, um so schlimmer wurden anschließend die Schmerzen
- abwechselnd die aushaltbarsten Stellungen einnehmen; bei mir: 1 Stunde mit angezogenen Beinen auf der Seite liegen(bei mir linke Seite), halbe Stunde auf meinem Lieblingsstuhl sitzen (ausprobieren), das Gehen (wenn man das so nennen kann)auf das nötigste reduzieren
- mehrmals täglich kalte Kompressen (z.B. Gelkissen aus dem Tiefkühler) auf die schmerzendsten Stellen legen
- Vom Arzt verschriebene Medikamente wie vorgeschrieben einnehmen! Nicht höher dosieren! Manchmal denkt man, das Zeug wirkt nicht, aber Höherdosierung bringt es auch nicht, nur die Nebenwirkungen kommen stärker durch.
- Zu viel Wärme vermeiden! Wenn ich einen mächtigen Schub habe, laufe ich nur noch in kurzen Sportklamotten rum. Beim Schlafen habe ich nur dünne Nachtsachen an. Außerdem benutze ich zwei Bettdecken: Die eine für den Bereich Füße bis Oberschenkel, die andere von Bauchnabel bis Kopf. Dadurch wird der bei mir empfindlichste Bereich auf Beckenhöhe nachts nicht so warm - gute Erfahrungen gemacht!!!
Außerhalb der Schübe sollte man sich natürlich immer warm verpacken!
- Kampfgeist! Hilft zwar nicht gegen den Schmerz, ist aber gur für die Psyche und die hat ja bekanntlich auch einen Einfluß auf die Heilung. Versuche, Dich nicht von dieser Krankheit mit dem häßlichen Namen beherrschen zu lassen, sondern kämpfe wehement gegen sie. Du mußt zwar Dein Leben lang mit ihr leben, das heißt aber nicht, daß ihr gute Freunde werden müßt. Probiere, versuche, experimentiere! Irgendetwas wirst auch Du für Dich herausfinden, wie die Krankheit zu überlisten und somit zu mildern ist.
- Zeit; bis so ein heftiger Frühjahrsschub verdaut ist, dauert es schon etwas. Stell Dich darauf ein und versuche Dich irgendwie sinnvoll zu beschäftigen, sinniere nicht über Deine Krankheit und Deine Zukunft, macht an der Stelle keinen Sinn, kommt nichts vernünftiges bei raus!
- wenn die Schmerzen deutlich abgeklungen sind, rauf aufs Fahrrad! Langsam, gemütlich und vorsichtig. Lockert schön auf und schon nach einer kurzen Fahrt kann man ganz tolle Ergebnisse feststellen. Dabei habe ich festgestellt, daß Fahrräder, deren Lenker sehr weit vorne oder tief liegen, am besten helfen. (Rennräder, Mountain-Räder).
- Danach machst Du mit dem ganzen bekannten Firlefanz weiter, der für uns so wichtig ist, gute Ernährung, Gmynastik, Sport und viel Humor, dann kommt der nächste Schub mit Sicherheit später.

Was bei mir ganz übel gewirkt hat:

- Sitzheizung im Auto: Fühlte sich beim Losfahren an kalten Frühjahrsmorgen zuerst Klasse an, eine Stunde später mußte mich fast die Feuerwehr aus dem Auto schneiden, irre Schmerzen!
- Bewegung: Irgendeine Träne von Orthopädin hatte mir eingeredet ich hätte schwaches Bindegewebe und daher eine Blockade im ISG. Ich sollte mich mal bewegen und außerdem auch etwas abnehmen, dann würde das schon besser werden. Das mit der Bewegung war am schnellsten zu realisieren: Gehen, Gymnystik und Sport unter den Schmerzen eines herannahenden Schubes habe ich mit bestem Gewissen und masochistischem Ehrgeiz durchgezogen, bis mein Hausarzt mich dann eine Woche lang mit etlichen Spritzen zuhause piekte, um mich wieder aus dem Bett zu bekommen. (Zwei weitere Wochen bin ich im Schneckentempo täglich zum Doc geschlichen, war insgesamt 5 Wochen arbeitsunfähig geschrieben).

Viele Grüße und gute Besserung



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