Das amerikanische Biotechnologie-Unternehmen AMGEN gab jetzt die europäische Zulassung für KINERET (Anakinra) bekannt. KINERET ist ein Medikament aus der Gruppe der biologischen Therapien, das für die Behandlung der chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis eingesetzt wird. Die europäische Zulassung wurde für die Therapie von Patienten erteilit, die nicht ausreichend auf eine vorausgegangene Behandlung mit Methotrexat (Mtx) angesprochen hatten. Kineret wird bei diesen Patienten in Kombination mit Methotrexat verwendet. In den Vereinigten Staaten ist Kineret auch für die Monotherapie der chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis zugelassen, d.h. als alleiniges krankheitskontrollierendes Medikament auch ohne die Kombination mit Methotrexat. Anakinra (KINERET) ist ein gentechnologisch hergestelltes Medikament, eine sogenannte rekombinante Version des im Körper vorkommenden Interleukin-1 Rezeptorantagonisten (IL-1Ra). Es ist damit weltweit der erste, in medikamentöser Form vorliegende direkte und selektive, d.h. ganz gezielte Hemmstoff für das körpereigene Eiweiß Interleukin-1 (IL-1), das bei der chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis eine zentrale Rolle bei der Entzündung und der entzündungsbedingten Schädigung der Gelenke spielt. Das entzündungsauslösende Interleukin-1 wird bei Patienten mit rheumatoider Arthritis in erhöhtem Maße vom Körper produziert. Nach Angaben von AMGEN ist KINERET das erste Medikament aus dem Rheumatologie-Forschungsprogramm von AMGEN und zeigt nach Darstellung des Unternehmens die erfolgreichen Anstrengungen des Unternehmens bei der Entwicklung neuer Therapien zur Behandlung von Entzündungen und Knochenerkrankungen. Wir sind gespannt, was von dort in Zukunft an weiteren Entwicklungen zu erwarten sein wird. Die Zulassung von KINERET stützte sich auf die Daten von insgesamt 2932 Patienten, bei denen das Präparat in randomisierten, doppelblinden und plazebokontrollierten klinischen Studien geprüft wurde. Sowohl in der Monotherapie als auch speziell in der Kombination verbessert KINERET die Symptome der rheumatoiden Arthritis. Bei den meisten Patienten tritt die Wirkung relativ schnell ein und führt in vielen Fällen bereits nach vier Wochen zu einem Rückgang der Entzündung und des entzündungsbedingten Schmerzes. Nach sechs Monaten der Behandlung erreichten 38 Prozent der mit KINERET behandelten Patienten eine Verbesserung ihres sogenannten ACR-20-Wertes (die ACR-Kriterien sind in Rheuma von A-Z genau erklärt; kurz zusammengefasst bedeutet ACR-20 eine mindestens 20%ige Verbesserung bei einer Reihe von entscheidenden Symptomen und Befunden der rheumatoden Arthritis, z.B. Gelenkschmerz, Gelenkschwellung, Schmerz oder Entzündungswerte im Blut). Die ersten Daten zur Frage der sogenannten Röngten-Progression zeigen, dass es bei einem Teil der Patienten zu einem völligen Stillstand der Erkrankung konmt. Allerdings sind die bisherigen Studien in ihrer Aussage noch eingeschränkt, da die Beobachtungsdauer im Hinblick auf die Röntgenprogression mit 6 Monaten und 12 Monaten relativ kurz ist. Ein wichtiger Gesichtspunkt aus den klinischen Studien war die vergleichsweise gute Verträglichkeit und hohe Sicherheit von Anakinra. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Reaktionen auf die Verabreichung als Spritze unter die Haut ("subkutane Injektion"). Kineret ist ein Eiweißstoff und kann deshalb wie alle bisherigen biologischen Therapien in der Rheumatologie nicht als Tablette eingenommen werden, da in diesem Fall das Eiweiß durch die Magensäure zerstört würde. Wie die anderen biologischen Therapien muss es "parenteral", d.h. am Magen und Darm vorbei, verabreichtet werden. Bei Kineret erfolgt dies durch eine Spritze unter die Haut ("subkutane Injektion"), die sich der Patient nach entsprechender Einweisung problemlos selber geben kann (vergleiche dazu auch die in den rheuma-news von April referierte Studie zur Sicherheit von Selbstinjektionen von Gold und Methotrexat durch die Patienten). Von allen im Zusammenhang mit der KINERET-Therapie beobachteten Nebenwirkungen war die am häufigsten beschriebene Nebenwirkung eine Reaktion an der Einstichstelle, meistens in Form einer leichten bis mäßigen Rötung oder Schwellung. Manchmal kam es an der Einstichstelle auch zu vorübergehenden Schmerzen. Auch unter einer Anakinra-Therapie ist nach den Ergebnissen der vorliegenden Studien offensichtlich das Risiko für schwerwiegende Infektionen leicht erhöht, allerdings nicht in dem Ausmaß wie bei den bisher in der Rheumatologie verwendeten biologischen Therapien (1,8% bei KINERET-Patienten, verglichen zu 0,7% bei Plazebopatienten). Die meisten Patienten konnten nach Therapie der Infektion mit der KINERET-Therapie weitermachen. Allerdings gilt sicherheitshalber die Empfehlung, mit einer Anakinra-Behandlung solange zu pausieren, bis die Infektion vollständig abgeklungen ist. Insgesamt haben wir jetzt in der Rheumatologie mit dem nun zur Verfügung stehenden Wirkprinzip der Interleukin-1-Blockade einen völlig neuen therapeutischen Ansatz zur Verfügung, der unser Behandlungsarsenal um eine sehr interessante Methode erweitert.