Bei meinem Vater (65) wurde die Diagnose \"Palindromer Rheumatismus\" gestellt. Was genau hat man sich darunter vorzustellen?
Er wird zur Zeit mit MTX behandelt. Wie sind bei dieser Krankheit die Prognosen für eine Heilung bzw. welche Spätfolgen sind zu erwarten?
Meine Mutter leidet seit 30 Jahren an chronischer Polyarthritis. Da nun beide Eltern an Rheuma erkrankt sind, wuerde ich gerne wissen, ob ich erheblich belastet sein könnte. Kann man das feststellen?


Der palindrome Rheumatismus hat seine Bezeichnung von palindrom= wiederkehrend. Man versteht darunter eine entzündlich- rheumatische Gelenkerkrankung, bei der es in unregelmäßigen Abständen zu Gelenkentzündungen kommt (---> Arthritis), die von selber nach einiger Zeit verschwinden, dann aber auch wiederkehren. Der palindrome Rheumatismus selber ist eine zwar in den Schüben unangenehme, mittel- und langfristig aber relativ harmlose rheumatische Erkrankung, da es bei ihm nicht zu Veränderungen der Gelenke und zu dauerhaften Funktionsbeeinträchtigungen kommt. Bei etwa einem Drittel der betroffenen Patienten ist allerdings ein palindromischer Rheumatismus die Vorstufe einer ---> chronischen Polyarthritis. Das Risiko, aus einem palindromischen Rheumatismus eine chronische Polyarthritis zu entwickeln, ist erhöht bei denjenigen Patienten, bei denen im Blut der ---> Rheumafaktor nachweisbar ist. Der palindrome Rheumatismus wird üblicherweise symptomatisch behandelt, d.h. mit der Gabe von cortisonfreien Entzündungshemmern (---> nicht-steroidale Antiphlogistika) in den Phasen, in denen eine Arthritis besteht. Manchmal wird auch der Einsatz von ---> Cortison notwendig. Wenn die entzündlich-rheumatischen Schübe bei einem palindromischen Rheumatismus sehr häufig auftreten, sollte die Entscheidung zu einer ---> langwirksamen antirheumatischen Therapie getroffen werden. Die Auswahl der dafür zur Verfügung stehenden unterschiedlichen Präparate richtet sich nach Krankheitsintensität, der Ausprägung des Befundes und möglicher Begleitmanifestationen und Begleiterkrankungen im Einzelfall. Bei prognostischer eher günstiger Einschätzung reichen ---> Antimalariamittel aus; bei prognostisch eher ungünstiger Einschätzung sollte auch bei einem palindromen Rheumatismus aggressiver behandelt werden, vor allem immer dann, wenn der Übergang in eine chronische Polyarthritis befürchtet wird oder bereits erste Anzeichen dieser Erkrankung bereits bestehen (z.B. entsprechende Röntgenveränderungen an den Gelenken). In diesem Fall sollten wirksamere langwirksame Antirheumatika eingesetzt werden, z.B. intramuskulär verabreichte Goldpräparate (---> Goldtherapie) oder ---> Methotrexat. Wenn beide Eltern an einer sehr verwandten rheumatischen Erkrankung erkrankt sind, ist dies zum einen sehr ungewöhnlich und zweitens möglicherweise für die Kinder mit einem, wenn auch nicht stark, erhöhten Risiko verbunden, selber an einer rheumatischen Erkrankung zu erkranken. Im Falle der chronischen Polyarthritis besteht die Möglichkeit, das Risiko über einen genetischen Risikomarker (---> HLA-DR4) abzuschätzen. Der Vorhersagewert dieser Laborbestimmung ist allerdings nicht sehr hoch, so daß immer dann von der Durchführung einer solchen Untersuchung abgeraten werden sollte, wenn eine Person beschwerdefrei ist und bei ihm keine Anzeichen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung bestehen. Wenn allerdings aufgrund von Symptomen bei einem Nachkommen ebenfalls der Verdacht auf das Vorliegen einer chronischen Polyarthritis besteht, müßte man sich die Durchführung einer HLA DR4- Bestimmung überlegen. Um das Risiko dann abschätzen zu können, ist allerdings in diesem Fall auch die Bestimmung von HLA DR4 bei den erkrankten Eltern notwendig.