Bei meiner Schwester(16 J.)besteht der dringende Verdacht auf SLE seit 1 Jahr.Die Beschwerden sind schon ca. seit 3 Jahren vorhanden.Siegi erfüllt 4 Kriterien,Schmetterlingserythem,massive
Gelenksbeschwerden,Lichtempfindlichkeit,enorme Müdigkeit sowie Kontzentrationsprobleme.Die Blutbefunde sind Grenzwerte,es besteht ein leichtes Lupusband(Hautbiopsie),ANA-IgG: 1:40 alle anderen Werte
Negativ.
Blutbild im Normbereich bis auf C3 133mg/dl.Die Schübe kommen ca. alle 3 Monate und die Abstände verkürzen sich.Meine Frage wie lange kann es Dauern bis man eindeutig sagen kann, ob es sich um SLE
handelt oder nicht,bzw.auf was soll man achten(außer die ärztlichen Kontrollen natürlich)?Können Sie mir mehr über diese Krankheit schreiben?



Der systemische Lupus erythematodes gehört zu den ---> Autoimmunerkrankungen. Betroffen sind überwiegend Frauen. Deshalb werden hormonelle Faktoren als Auslöser vermutet. Dafür spricht auch, daß es durch die Einnahme der Pille zur Empfängnisverhütung zum Auftreten eines SLE kommen kann oder dadurch Schübe ausgelöst werden. Ein weiteres Indiz für einen Zusammenhang zwischen weiblichen Sexualhormonen und SLE ist die Erfahrung, daß es nach einer Entbindung zum ersten Auftreten eines SLE oder zu SLE-Schüben kommen kann. Andere Beobachtungen sprechen für die Möglichkeit, daß ein SLE durch virale Infekte ausgelöst werden kann. Die genaue Ursache des SLE ist heute jedoch noch nicht genau bekannt.

Früher war der SLE eine sehr gefährliche Erkrankung mit einer hohen Sterblichkeitsrate bei akuten Schüben, vor allem bei der Beteiligung innerer Organe, und einer statistisch gesehen erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung. Durch die heutigen Therapiemöglichkeiten hat sich die Prognose des SLE erheblich gebessert. Die Patienten haben heute bei adäquater Behandlung in dr Regel eine normale Lebenserwartung.


1. Diagnostik des SLE

Serologische Marker

Bei den serologischen Tests sind Untersuchungen zur Diagnostik / Differentialdiagnostik zu unterscheiden von Parametern, die die Krankheitsaktivität monitoren helfen.

Diagnostische Tests sind für den SLE der Nachweis von ---> antinukleären Antikörpern (ANA; Suchtest; typischerweise auf Lupus hindeutend ist ein homogenes Fluoreszenzmuster), ein positiver ---> Crithida-Test (qualitativer Nachweis von Antikörpern gegen doppelsträngige ---> DNA), der Nachweis von Antikörpern gegen doppelsträngige DNA (dsDNA-Ak; spezifischer Befund für den SLE) sowie von SM-Antikörpern (---> ENA, die eine hohe Spezifität für den SLE aufweisen).


Tests zum Monitoring der Krankheitsaktivität:

Nach den uns bekannten Studien sind lediglich die dsDNA-Ak für ein Monitoring der Krankheitsaktivität im Verlauf des SLE geeignet, und dies auch nur im intraindividuellen Vergleich. Die absolute Höhe der dsDNA-Ak alleine besagt nichts oder wenig über die Krankheitsaktivität; ein Absinken der Werte im Verlauf unter Therapie sprechen jedoch schon für ein Ansprechen der Behandlung, ebenso muß man bei einem Anstieg an einen neuen beginnenden Krankheitsschub denken. Die Höhe des ANA-Titers korreliert nicht mit der klinischen Aktivität.

Ein wichtiger Parameter ist desweiteren das ---> c-reaktive Protein (CRP). CRP-Werte korrelieren beim Lupus eher nicht mit der Krankheitsaktivität; wenn es deshalb im intraindividuellen Verlauf zu einem deutlichen Anstieg der CRP-Werte kommt und klinisch differentialdiagnostisch die Frage im Raum steht, ob das Fieber Ausdruck eines Lupus-Schubes oder einer Infektionskomplikation ist, deutet ein hohes CRP auf eine (in der Regel bakterielle) Infektionskomplikation.


\"ANA-negativer\" SLE

Uns sind Meinungen bekannt, daß es einen \"ANA-negativen\" SLE nicht gibt, sondern nur Labors, die die ANAs nicht adäquat erfassen. Nach der Literatur liegt der Anteil von Patienten mit \"ANA-negativem\" SLE unter 1%. Bei fehlenden ANA sollte man mit der Diagnose eines SLE äußerst vorsichtig sein, vor allem unter dem Aspekt, daß es ja in Abhängigkeit von der Symptomkonstellation eine ganze Anzahl an anderen differentialdiagnostisch in Frage kommenden Krankheitsbildern gibt.


2. Therapie des SLE

Grundsätzlich gehört eine Patientin (ein Patient) mit systemischem Lupus erythematodes in die Behandlung eines Spezialisten (internistischer Rheumatologe oder Immunologe) an entsprechend ausgestatteten Zentren. Insofern sollen hier nur grobe therapeutische Anhaltspunkte dargestellt werden. Im wesentlichen kommen heute bei der medikamentösen Therapie des SLE Steroide (---> Cortison) und immunsuppressive/immunmodulatorische Medikamente (---> Immunsuppressiva zum Einsatz. Die wesentlichen differentialtherapeutischen Aspekte werden im folgenden dargestellt.


Steroide:

Steroide (Cortison) sind die Medikamente der Wahl zur Beherrschung der Akutsituation, insbesondere auch bei lebensbedrohlichen Komplikationen (ZNS-Beteiligung, Lupus-Nephritis, Perikarditis etc.). In der Akutsituation ausreichend hoch dosieren (1-1,5-2mg/kg KG, ggf. fraktionierte Dosis)! In der Langzeittherapie sind Steroide manchmal zum Remissionserhalt unverzichtbar; angestrebt werden sollte jedoch zur Vermeidung von Langzeitschäden eine so geringe Dosis wie irgend möglich (nach Möglichkeit 5 mg Prednisolon-Äquivalent oder niedriger anstreben).


Immunmodulierende Medikamente:

In diese Substanzgruppe fallen in erster Linie Anti-Malaria-Mittel (Chloroquin/Hydroxychloroquin ---> Resochin). Sie spielen eine Rolle bei der Steroideinsparung und Remissionsinduktion bei leichteren SLE-Verläufen; ein gutes Ansprechen wird außerdem bei Hautmanifestationen berichtet.


Immunsuppressiva:

Die traditionelle immunsuppressive Therapie bei SLE erfolgte mit Azathioprin (---> Imurek). Bei speziellen Manifestationen (z.B. Lupus-Nephritis) deuten Studien jedoch auf eine unzureichende Wirkung; in diesen Fällen ist der Einsatz von Cyclophosphamid (---> Endoxan) obligat. Zunehmend wird zum Remissionserhalt auch beim SLE ---> Methotrexat eingesetzt. In Einzelfällen ist auch eine gute Wirkung von Ciclosporin (---> Sandimmun) beschrieben; größere Studien über den Einsatz von Ciclosporin beim SLE sind uns jedoch nicht bekannt.

3. Prognose des SLE und Vorbeugungsmaßnahmen im Hinblick auf schubauslösende Faktoren und Situationen

Es gibt beim SLE langanhaltende Remissionen, d.h. zum Teil Jahre und Jahrzehnte anhaltende freie Intervalle. Die Wahrscheinlichkeit einer anhaltenden Remission steigt mit der Dauer einer kompletten Remission, d.h. Patienten, die lange keine Krankheitsaktivität hatten, haben eine hohe Chance, daß dies so bleibt.

Eine komplette Remission bedeutet dabei das Freisein von Symptomen und das Fehlen von Zeichen einer Krankheitsaktivität, z.B. bei Blutuntersuchungen.

Zu unterscheiden ist dabei noch, ob die Remission dadurch besteht, daß gegenwärtig noch Medikamente wie Cortison, Immunsuppressiva oder immunmodulierende Medikamente eingenommen werden, oder ob die Remission nach vorsichtigem Ausschleichen / Absetzen dieser Medikamente anhält.

Die günstigste Prognose haben Patienten, die sich ohne Medikamente in einer kompletten Remission befinden.

Allerdings kann es jederzeit wieder zu einem neuen Schub kommen.
Mögliche Auslöser sind alle Situationen, die mit starkem \"immunologischen Streß\" verbunden sind, darüber hinaus andere Faktoren, über deren Einfuß man derzeit die genauen Einzelheiten nicht kennt. Im Hinblick auf die Möglichkeit von Vorbeugungsmaßnahmen oder entsprechenden Verhaltensmaßnahmen sind praktisch bedeutsam z.B. mögliche Schubauslöser wie:

- Intensive Sonneneinstrahlung, intensive UV-Strahlung, z.B. bei einem Urlaub im Hochgebirge (besonders kritisch: Skiurlaub im Hochgebirge) oder bei einem Urlaub im Sommer in Südeuropa oder vergleichbaren Gegenden (besonders kritisch: Urlaub in solchen Gegenden am Meer), aber auch Sonnenbank (!)

- Starker Klimawechsel, u.U. verstärkt durch starke Zeitumstellung, z.B. bei Fernreisen nach Asien, Südamerika, Südafrika, Pazifik, Australien

- Bei Frauen Schwangerschaft (kritisch ist besonders die Phase unmittelbar nach der Entbindung; Schübe treten erfahrungsgemäß in einem Zeitraum von wenigen Wochen nach der Entbindung auf)

- Einnahme von Hormonpräparaten (besonders östrogen-haltige Präparate, dazu gehört bei Frauen auch die \"normale\" (östrogenhaltige) Pille zur Empfängnisverhütung)

- Starke psychische oder soziale Belastungssituationen (\"psychosozialer Stress\"). Unbeeinflußbar sind solche lebensverändernde Ereignisse wie der Verlust eines nahestehenden Menschen durch Erkrankung oder Unfall oder eigene, andere Erkrankung oder Unfall. Beeinflußbar, wenn manchmal allerdings nur mit Schwierigkeiten und unter Umständen manchmal auch nur mit professioneller Hilfe, sind starke Belastungssituationen am Arbeitsplatz (Überlastung, Mobbing), in der Familie (Partner, Kinder, Eltern, Schwiegereltern etc.) oder in der Freizeit (z.B. Überlastung / Überforderung bei Hobbies, in Vereinen oder bei anderen ehrenamtlichen Tätigkeiten).

- Starke physische Belastung / Überlastung (z.B. extensiver Sport oder \"Gewalttouren\" im Urlaub)

- Virale Infekte (?). Es gibt bestimmte Virusinfektionen, die mit einer deutlichen Autoimmunreaktion einhergehen können (z.B. Entwicklung hoher ---> antinukleärer Antikörper). Ob sie für die Auslösung eines systemischen Lupus erythematodes verantwortlich sein können oder Schübe hervorrufen können, ist derzeit nicht bewiesen, aber Gegenstand zahlreicher Hypothesen und wissenschaftlicher Untersuchungen. Gegen Virusinfektionen wird man sich im täglichen Leben nicht sicher schützen können, wenn man mit Genuß am sozialen Leben teilhaben will. Allerdings kann man mit einer gewissen Vorsicht und mit der Einhaltung der bekannten Vorsichtsmaßnahmen die Wahrscheinlichkeit von viralen Infektionen reduzieren.


Zu der Frage, wie lange man warten muß, ob es sich um SLE handelt:

Es gibt Formen eines SLE, bei dem nicht alle diagnostische Kriterien erfüllt sind. Die Erkrankung muß auch nicht bei allen Patienten das Vollbild zeigen. Die Diagnose wird deshalb auf der Grundlage der Symptome und Befunde gestellt, die Vorliegen; entsprechend kommt es zu den nötigen therapeutischen Entscheidungen. Manchmal kann man tatsächlich nur eine Verdachtsdiagnose stellen; wenn dadurch Behandlungsoptionen nicht verpaßt werden, ist dies für einen Patienten günstiger, als wenn das Vollbild der Erkrankung und möglicherweise schwere Organbeteiligungen vorliegen.