Anamnese: nach einer Lebensmittelvergiftung mit ca. 30 Jahren kam es erstmals zu einer schweren Schmerzsymptomatik wie bei einem Hexenschuß mit Bewegungsunfähigkeit. Damals Behandlung mit Diclofenac
und später auch Cortison. Seitdem zunehmende Symptomatik mit regelmäßigen Schüben, anfangs noch schmerzfreie Intervalle, seit einem Jahr dauerhafte Beschwerden. Schmerzen und Steifheitsgefühl v.a. im
Bereich der Halswirbelsäule und schultergürtel, im akuten Zustand nach Belastung (z.B. lange Autofahrt, stress) am ganzen Körper, betont an Rücken/Hüften mit Schwierigkeiten aus dem Sitzen oder Liegen
aufzustehen, dazu im li. Knie Ergüsse nach Belastung (Diagnose einer Bakerzyste wurde gestellt). Labor: BSG und CRP stark erhöht,RF neg.,HLA B 27 positiv, 1996 Chlamydientiter positiv, nach Antibiotikatherapie
wieder negativ, seitdem keine AK mehr. Seit ca. 4 Monaten sind jetzt Schmerzen zunächst in einem, später in beiden Handgelenken mit Schwellung aufgetreten, in letzter Zeit auch Beschwerden in den Händen bis
hin zur Unfähigkeit, diese im täglichen Leben einzusetzen (z.B. Händeschütteln schmerzhaft). Schwellung auch an den Fußzehen (z.B. plötzliches Anschwellen der Großzehe), Schmerzen beim Tragen engerer
Schuhe. Therapie: bis Anfang 1998 im Schub Diclofenac oder Decortin, im Intervall nur sporadische Medikamenteneinnahme. Im Frühjahr/Sommer 1998 über mehrere Wochen Decortin, davor täglich Diclofenac.
Versuch mit Enzymen und H15 nicht erfolgreich. In den letzten 4 Monaten Mobec-Dauertherapie, auch darunter nicht beschwerdefrei. Seit einigen Tagen wieder Cortison auf Anraten des behandelnden
Rheumatologen, da Verdacht auf einen Schub besteht.Bisherige Diagnostik: Labor, Röntgen vor 5 Jahren, SonoAbdomen (bis auf Nierenzyste unauffällig).
Fragen: ist es sinnvoll, hier noch einmal intensive Diagnostik zu betreiben (der Patient ist erst 37 Jahre alt!)? Wenn ja, welche anderen diagnostischen Methoden sollten zur Anwendung kommen? Ist aktive
Krankengymnastik sinnvoll und wenn ja, in welcher Form? Kann durch inadäquate Therapie etwas versäumt werden? Sollten Röntgenuntersuchungen wiederholt werden? Macht es Sinn, auf auf Autoimmunparameter
zu testen? Vielen Dank.


Die Krankheitsgeschichte klingt wegen des Beginns nach einer Lebensmittelvergiftung nach einer möglichen infektreaktiven Erkrankung (--->infektreaktive Arthritis). Der positive Nachweis des Risikomarkers HLA B27 deutet auf das erhöhte Risiko für einen ungünstigen, d.h. chronischen Verlauf der Erkrankung und die Möglichkeit, daß sich eine --->seronegative Spondarthritis entwickelt.

Hinsichtlich der genauen diagnostischen Einordung des Krankheitsbildes wird man wahrscheinlich die möglicherweise damals auslösende Ursache heute, d.h. nach 7 Jahren seit wahrscheinlichem Krankheitsbeginn, jetzt nicht mehr feststellen können.

Zur Abschätzung der Krankheitsschwere und Klassifikation wären folgende Maßnahmen sinnvoll:

1. Beurteilung der sogenannten systemischen Krankheitsaktivität:

Nachweis der Entzündung im Blut mit Hilfe der Blutsenkung (--->BSG), des c-reaktiven Proteins (--->CRP) sowie u.U. auch der --->Immunglobuline, speziell Immunglobulin G (IgG) und --->Immunglobulin A (IgA), außerdem u.U. --->Haptoglobin.

2. Klassifikation der Erkrankung durch sogenannte ---> bildgebende Verfahren:

- Anfertigung einer aktuellen Aufnahme der Kreuz-Darmbein-Gelenke zur Frage einer Kreuz-Darmbein-Gelenksentzündung (--->Sakroileitis; vgl. auch --->M. Bechterew und --->New-York-Kriterien (Link: Diagnose-Kriterien)

- angesichts der immer wiederkehrenden Rückenschmerzen auch eine Röntgenaufnahme der Lendenwirbelsäule mit Übergang zur Brustwirbelsäule sowie eine Aufnahme der Halswirbelsäule unter der Frage nach entzündlichen Veränderungen (--->Syndesmophyten, --->Parasyndesmophyten).

- angesichts der wiederkehrenden Beteiligung von Gelenken außerhalb der Wirbelsäule (\"periphere Gelenke\") Röntgenaufnahmen mindestens von Händen und Füßen mit der Frage nach entzündlichen Veränderungen, vor allem von --->Erosionen bzw. --->Usuren

Bei anhaltender Entzündungsaktivität über einen längeren Zeitraum sind dauernde Schäden zu befürchten. Deshalb sollte über eine --->langwirksame antirheumatische Therapie analog zur Behandlung der --->chronischen Polyarthritis nachgedacht werden (siehe dazu auch unter dem Stichwort chronische Polyarthritis den Beitrag zu den --->Therapiestrategien der medikamentösen Therapie).