Herbstgedichte

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Gerlinde, 12. September 2003.

  1. Neli

    Neli Optimistin

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    Der Vögel Abschied

    Ade, ihr Felsenhallen,
    Du schönes Waldrevier!
    Die falben Blätter fallen,
    Wir ziehen weit von hier,
    Die falben Blätter fallen,
    Wir ziehen weit von hier.

    Träumt fort in stillem Grunde,
    Die Berg' steh'n auf der Wacht,
    Die Sterne machen die Runde
    Die lange Winternacht.
    Die Sterne machen die Runde
    Die lange Winternacht.

    Und ob sie all verglommen,
    Die Täler und die Höhn,
    Lenz muß doch wiederkommen
    Und alles aufersteh'n.
    Lenz muß doch wiederkommen
    Und alles aufersteh'n.

    Joseph von Eichendorff
     

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  2. Neli

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    Herbst

    Herbstwind malt auf grüne Blätter
    ocker, gelb und dunkelbraun,
    wirbelt golddurchwirktes Licht
    durch des Himmels weiten Raum.

    Saat und Ernte sind vorbei,
    Mutter Erde geht zur Ruh,
    und ein bunter Blätterteppich
    deckt die Felder leise zu.

    Morgennebel, kühl und nass,
    zieht durchs Tal, umhüllt den Wald,
    hinterlässt ein tiefes Schweigen,
    unbeschreiblich, still und kalt.

    Und die Seele still verharrt,
    in der Reife ihrer Zeit,
    noch erfüllt von Licht und Wärme,
    noch durchdringt von Glück und Freud.

    Wie die Erde bis zum Frühling
    Wunderbares in sich trägt,
    sich erneuert in der Ruhe
    und den Keim des Wachstums trägt,

    so besinnt sich auch die Seele
    in der sonnenarmen Zeit,
    und tritt voller Kraft und Weisheit
    in die nächste Frühlingszeit

    Monika Schudel
     

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  3. Neli

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    Im Park

    Wieder wandelnd im alten Park,
    O! Stille gelb und roter Blumen.
    Ihr auch trauert, ihr sanften Götter,
    Und das herbstliche Gold der Ulme.
    Reglos ragt am bläulichen Weiher
    Das Rohr, verstummt am Abend die Drossel.
    O! dann neige auch du die Stirne
    Vor der Ahnen verfallenem Marmor.

    Georg Trakl
     

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  4. Neli

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    Herbst

    Hie und da ist an den Bäumen
    Manches bunte Blatt zu sehn,
    Und ich bleibe vor den Bäumen
    Oftmals in Gedanken stehn.

    Schaue nach dem einen Blatte,
    Hänge meine Hoffnung dran;
    Spielt der Wind mit meinem Blatte,
    Zittr' ich, was ich zittern kann.

    Ach, und fällt das Blatt zu Boden,
    Fällt mit ihm die Hoffnung ab,
    Fall' ich selber mit zu Boden,
    Wein' auf meiner Hoffnung Grab.

    Wilhelm Müller (aus Schuberts Winterreise)
     

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  5. Neli

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    Herbst

    O trübe diese Tage nicht,
    sie sind der letzte Sonnenschein;
    wie lange, und es lischt das Licht,
    und unser Winter bricht herein.

    Dies ist die Zeit, wo jeder Tag
    viel Tage gilt in seinem Wert,
    weil man's nicht mehr erhoffen mag,
    daß so die Stunde wiederkehrt.

    Die Flut des Lebens ist dahin,
    es ebbt in seinem Stolz und Reiz,
    und sieh, es schleicht in unsern Sinn
    ein banger, nie gekannter Geiz.

    Ein süßer Geiz, der Stunden zählt
    und jede prüft auf ihren Glanz -
    o sorge, daß uns keine fehlt,
    und gönn uns jede Stunde ganz.

    Theodor Fontane
     

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  6. Neli

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    Herbst

    Es rauschen die Winde
    So herbstlich und kalt;
    Verödet die Fluren,
    Entblättert der Wald.

    Ihr blumigen Auen!
    Du sonniges Grün!
    So welken die Blüten
    Des Lebens dahin.

    Es ziehen die Wolken
    So finster und grau;
    Verschwunden die Sterne
    Am himmlischen Blau!

    Ach wie die Gestirne
    Am Himmel entflieh'n,
    So sinket die Hoffnung
    Des Lebens dahin!

    Ihr Tage des Lenzes
    Mit Rosen geschmückt,
    Wo ich die Geliebte
    Ans Herze gedrückt!

    Kalt über den Hügel
    Rauscht, Winde, dahin!
    So sterben die Rosen
    Der Liebe dahin!

    Ludwig Rellstab
     

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  7. Neli

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    Herbstweh

    Der Garten ist lange verblüht,
    Man hört nur flüsternd die Blätter fallen,
    Die Erde schläfert - ich bin so müd.

    Es schüttelt die welken Blätter der Wald,
    Mich friert, ich bin schon alt,
    Bald kommt der Winter und fällt der Schnee,
    Bedeckt den Garten und mich und alles, alles Weh.

    Joseph von Eichendorff
     

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  8. Neli

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    Dauerregen

    Der Himmel birgt sein Angesicht
    Zeigt seine blauen Augen nicht.
    Ein düstrer Schleier hüllt ihn ein.
    Kommt niemals wieder Sonnenschein?

    Die Bäume stehen naß und fahl,
    Viel Wasser führt der Bach im Tal.
    Und immerzu der Regen rinnt.
    All meine Hoffnung mit sich nimmt.

    Maria Holschuh
     

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  9. Neli

    Neli Optimistin

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    O Herbst! betrübt verhüllst du
    Strom, Wald und Blumenlust,
    Erbleichte Flor, wie füllst du
    Mit Sehnsucht nun die Brust!

    Weit hinter diesen Höhen
    Die hier mich eng umstellt,
    Hör ich eratmend gehen
    Den großen Strom der Welt.


    Joseph von Eichendorff
     

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  10. Neli

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    Schweigt der Menschen laute Lust:
    Rauscht die Erde wie in Träumen
    Wunderbar mit allen Bäumen,
    Was dem Herzen kaum bewußt,
    Alte Zeiten, linde Trauer,
    Und es schweifen leise Schauer
    Wetterleuchtend durch die Brust.

    Joseph von Eichendorff
     

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  11. Neli

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    Zeit

    So wandelt sie im ewig gleichen Kreise,
    Die Zeit, nach ihrer alten Weise,
    Auf ihrem Wege taub und blind.
    Das unbefangene Menschenkind
    Erwartet stets vom nächsten Augenblick
    Ein unverhofftes seltsam neues Glück.
    Die Sonne geht und kehret wieder,
    Kommt Mond und sinkt die Nacht hernieder,
    Die Stunden die Wochen abwärts leiten,
    Die Wochen bringen die Jahreszeiten.
    Von aussen nichts sich je erneut.
    In dir trägst du die wechselnde Zeit,i
    n dir nur Glück und Begebenheit!

    Ludwig Tieck
     

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