Gesundheitsreform - auf ein Neues

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von trombone, 12. August 2003.

  1. trombone

    trombone die Schreibtischtäterin

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    Hallo miteinander,

    hier noch ein Tip zur Information, was uns Patienten alles noch bevorsteht, wenn die Eckpunkte der Gesundheitsreform wie abgesprochen umgesetzt werden.
    schaut doch einfach mal auf der nachfolgenden Seite nach (aber erst wenn ihr sicher sitzt!!!!!)

    http://www.die-gesundheitsreform.de/service/Eckpunkte-PDFs/Eckpunktepapier.pdf

    sollte der Pfad nicht hinhauen, so könnt Ihr über www.bmgs.bund.de auf die Eckpunkt gehen (keine Hetze die Seite braucht super lange um sich aufzubauen.

    Hier ist nämlich unter anderem aufgeführt (und dieses ist wahrscheinlich viel zu unpopulär um es öffentlich bekannt zu geben), dass sich die Zuzahlungen für physikalische Anwendungen jeder Art bis zu 666 % erhöhen - übrigens dies ist leider kein Tippfehler :confused: :mad: :mad: :mad:

    Nach Umsetzung der Reform ist für jede Behandlung ein Eigenanteil von 10 % mind. 5,-- € höchstens jedoch 10,-- € zu zahlen. (siehe auch http://www.bmgs.bund.de/downloads/Eckpunktepapier_Zuzahlungen_Konsens.xls ) Das bedeutet, dass wir uns als chronisch Kranke demnächst wohl keine Krankengymnastik etc. mehr leisten können. Dazu kommt der Wegfall der jetzigen Regelungen, dass sich chronisch Kranke - wenn Sie 1% des Sozial-Bruttos einmalig gezahlt haben künftig vollständig von Zuzahlungen befreien lassen können (außer Heil- und Hilfsmittel). Nach Greifen der Reform müssen chr. Kranke (der Begriff wird selbstverständlich neu deffiniert) nur 1 % des Sozialversicherungsbruttos als Zuzahlung leisten (angeblich max. 300 €). Leider steht das Sozial-Brutto erst zum Ende des jeweiligen Kalenderjahres fest, so dass es durchaus sein kann, dass man ein komplettes Jahr vorfinanzieren darf.
    Dieses wird sich auf Dauer wohl kein Kranker leisten können. Bei vorsichtigen Schätzungen käme ich alleine für mich auf eine Auslagensumme von etwa 3.000 € - dieses kann ich nicht bezahlen, und andere die weniger Verdienen als ich wohl erst recht nicht.

    Trotz allen Sparvorschlägen wünsche ich Euch noch einen schönen Abend

    Gruß
    Birgit
     
  2. Sonja Labenski

    Sonja Labenski Neues Mitglied

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    Hallo Birgit,

    ich würde das alles nicht so schwarz sehen. Die 1%- Regelung bei chronisch Kranken besteht doch jetzt auch schon. Du kannst Dich in dem Moment befreien lassen, wo Du diese Grenze erreicht hast, das Bruttogehalt kann man ja auch hochrechnen, mit entsprechenden Nachweisen des Arbeitgebers.

    Wo steht denn, daß man sich als chronisch Kranker nicht mehr dauerhaft befreien lassen kann? Ich kenne nur die Aussage eines Mitarbeiters des Gesundheitsministeriums, daß es bei den Überforderungsklauseln bleibt, allerdings alle Zuzahlungen eingerechnet werden, auch die Zahlungen im Krankenhaus.

    Wie die künftige Regelung der Zuzahlung bei einem KG- Rezept aussehen soll, ist auch noch nicht abschließend geklärt. Wenn Du zum Beispiel für Elektrotherapie pro Behandlung 5 Euro zuzahlen sollst, liegt die Zuzahlung über dem Betrag, den der Therapeut erhält. Und wenn Du für ein 10er Rezept KG plötzlich 100 Euro zuzahlen mußt, bist Du auch ganz schnell bei der 1%-Grenze.
    Und Rheuma ist nicht heilbar, also sind rheumatische Erkrankungen als dauerhafte Erkrankungen anzusehen und fallen somit unter die neue Definition von "chronisch Kranken".

    Des weiteren soll in der Gesetztes-Reform auch berücksichtigt werden, daß der Versicherte die 1% nicht in einem Monat verauslagen kann. Es soll geregelt werden, daß die Zuzahlung auch sozial vertretbar ist, z.B. nur 1/12 der 1% pro Monat zu zahlen sind oder ähnliche Regelungen.

    Was im Endeffekt bei der Reform herauskommt, weiß im Moment noch keiner, also laß Dich jetzt noch nicht verrückt machen, ändern können wir ja sowieso nichts, ich weiß jedenfalls nicht, mit welchen Leuten ich reden müsste. Außerdem habe ich auch keine sinnvollen Reformvorschläge an der Hand. Auf Dauer ist unser jetztiges System jedenfalls nicht mehr finanzierbar.

    Ich finde es zwar schön, als chronisch Kranker von allen Zuzahlungen befreit zu sein, aber warum kann ich nicht einen Teil der Kosten, wie jeder andere auch, selber tragen?
    Wenn wirklich eine Höchstgrenze von 300 Euro für die Zuzahlung bei chronisch Kranken festgelegt wird, zahle ich wesentlich weniger als letztes Jahr als ich noch nicht befreit war (ca. 850 Euro).

    Ich freue mich auch nicht auf die Reform, weil ich in vielen Dingen nicht glaube, daß es wirklich zu Verbesserungen in der Vorsorgung bei weniger Kosten führt. Aber wenn ich bedenke, welche Kosten ich mit meiner Erkrankung in den Letzten 2 1/2 Jahren verursacht habe (ich war gerade 5 1/2 Wochen stationär),
    dann bin ich sehr froh, daß die Versicherung den größten Teil übernommen hat. Was sind denn die 126 Euro Zuzahlung im Vergleich zu den knapp 10 000 Euro, die die Krankenkasse bezahlen muß? Zum Glück haben wir hier keine amerikanischen Verhältnisse, dann wäre ich seit Jahren ein Sozialfall. Ich habe jedenfalls mein ganzes Leben noch nicht soviel Beiträge gezahlt, daß die Kosten in irgendeiner Form gedeckt wären. Nebenbei ist mein Mann ebenfalls chronisch krank (Diabetis) und eine Tochter hat Epilepsie.

    Natürlich entstehen uns durch die Krankheiten Kosten, aber warum soll ich nicht wenigstens einen Teil davon übernehmen, wie jeder andere auch, der halt nicht chronisch krank ist , sondern nur eine akute Erkrankung hat, die wieder ausheilt?

    Ich bin seit einem Jahr berentet und erhalte dadurch auch bei Eintrittsgeldern Vergünstigungen und durch die Schwerbehinderung gibt es auch Vergünstigungen und Steuervorteile. Ich denke jedenfalls nicht, daß wir als chroisch Kranke durch die Reform finanziell benachteiligt werden. Ich habe da eher Bedenken, was die Qualität der Behandling angeht, wenn Ärzte dafür belohnt werden, wenn sie wenig verordenen. Die Frage ist also nicht, ob ich mir die Zuzahlung für ein KG-Rezept leisten kann, sondern ob ich überhaupt noch eine Verordnung vom Arzt bekomme.

    Man darf halt nicht krank werden, aber das wissen wir doch eigentlich alle.

    Alles Gute
    Sonja


    Alles Gute
     
  3. trombone

    trombone die Schreibtischtäterin

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    Hallo Sonja,

    es ist ja leider nicht nur mit den Zuzahlungen getan. Es fallen auch alle derzeit in der Apotheke rezeptfrei zu kaufenden Arzneimittel dazu. Dies bedeutet, dass Medikamente wie z.b. Ibuprofen 400 nicht mehr auf Kassenrezept verordnet werden dürfen!!!! Sicherlich ist mir klar, dass gespart werden muss und ich finde auch, dass die Ansätze richtig sind - ich kaufe mir mein PCM seit Jahren selbst (und dass obwohl es von der Rheumaambulanz als notwendig eingestuft wurde). Aber ich kann und will nicht verstehen, dass ich demnächst zu den anderen Aufwendungen die mir auferlegt werden auch noch dafür Zahlen soll, im Gegenzug die KK-Beiträge aber nur unwesentlich gesenkt werden sollen - ich denke auch hier muss gespart werden. Warum muss eine Ersatzkasse Ihren Bediensteten ein 13. und 14. Monatsgehalt auszahlen, wenn die vergleichbaren Bediensteten des öffentl. Dienstes (dazu gehören auch viele Angestellte und Arbeiter) demnächst aufs Urlaubsgeld verzichten müssen und das Urlaubsgeld auf zunächst 60 % gekürzt wird??????
    Auch da sollte Druck aufgebaut werden, dass die Personal- und Verwaltungskosten bei den Krankenkassen gekürzt werden (dies liest sich zwar auf dem Papier gut, aber es ist noch nichts umgesetzt worden, eher im Gegenteil, auch in diesem Jahr steigt der Aufwand für Verwaltungskosten bei den Krankenkassen wieder an.
    Das zweite dass mich maßlos ärgert ist, dass die jenigen, die die Entscheidungen treffen selbst in keinster Weise davon betroffen sind.
    Ich persönlich werde ja nicht nur von der erhöhten Zuzahlung betroffen sein (übrigens habe ich keine Probs. an KG-Rezepte zu kommen - zumindest zur Zeit nicht) ich werde auch von der Kürzung der Pentlerpauschale betroffen sein, da ich eine Anfahrtsstrecke von ca. 50 km zur Arbeit habe.
    Klar müssen noch Regelungen zum entgültigen Vollzug der Eckpunkte erarbeitet werden, aber die werden dann nicht unbedingt Krankenfreundlich ausfallen.

    Gruß
    Birgit
     
  4. hannilein

    hannilein die Espressosüchtige

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    Also da muss ich mich Trombone anschliessen. Sicher ist Schwarzseherei unangebracht aber die Augen vor etwas zu verschliessen, was definitiv kommen wird in der einen oder anderen Form ist genauso falsch.
    Klar sind noch keine konkreten Regelungen nach aussen gedrungen, aber sicher werden sie nicht zu unserem Besten entschieden. Ein Hochrechnen der 1% Regelung für jeden Monat wird definitiv nicht kommen (laut BMGS wird es wohl so sein, dass man als Patient alles erst einmal verauslagen muss, um dann im nächsten Jahr eine Rückforderung zu beantragen).
    Ausserdem hat man in dem ganzen Gerangel die Härtefälle komplett vergessen. Es wird einige Leute geben, die sich einen Krankenhausaufenthalt dann gar nicht leisten können. Da ist nur zu hoffen, dass dies noch behoben wird.

    Auch kann ich mich Sonja nicht anschliessen was die Tatenlosigkeit angeht. Wer sagt denn, dass ich mich dagegen nicht zur Wehr setzen kann. Wenn ich natürlich nur sage, dass ich sowieso nichts machen kann, na dann..... Ich persönlich habe eine Beschwerde-mail ans Bundesgesundheitsministerium geschickt.

    Problematisch wird es auch für niedergelassene Krankengymnasten. Wenn das alles greift, was die dort oben vor haben, wird eine gigantische Pleitewelle auf sie zurasen. Näheres kann man auf der Seite Physio.de nachlesen.

    Wir werden ja sehen, aber blauäugig sollte man an die Sache nicht rangehen.
    Gruß Kathrin
     
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