Berufliche Laufbahn

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von Lecram, 6. August 2003.

  1. Lecram

    Lecram Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
    194
    Hallo ihr alle!

    Ich hab jetzt mal eine ganz andere Frage, die nicht direkt die Krankheit betrifft.

    Die Frage wird sicherlich eher die jungen Betroffenen hier in diesem Forum interessieren.
    Es geht um die berufliche Laufbahn.
    Denn leider ist es so, dass ich aufgrund von Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung niemals eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen kann und auch sonst wohl viele Schwierigkeiten haben werde. Ich hab voraussichtlich nächstes Jahr mein Abi in der Tasche. Doch was dann? Ich denke kaum, dass ein Arbeitgeber jemanden einstellt, der humpelnd zum Vorstellungsgespräch erscheint. Und selbst wenn, was passiert während einer Schubphase, wenn man nicht arbeiten kann? In der freien Wirtschaft geht es doch ziemlich hart zu. Und ein Studium ist ja auch nicht gerade leicht zu bewältigen, wie man ja auch in diesem Forum oft lesen kann.

    Sollte man sich als Rheumatiker auf bestimmte Berufe einstellen? Wie ist es mit dem öffentlichen Dienst oder als Beamter? Ist man dort sicherer?
    Gibt es irgendwelche Homepages, wo man sich zu diesem Thema informieren kann? Ich will mich jetzt schon mal rechtzeitig darum kümmern, um später mal auf einigermaßen sichereren Beinen stehen zu können. Meine ganzen alten Ziele hab ich erstmal verworfen. Das wichtigste ist die Sicherheit. Ich habe keine Lust, am Hungerstuch zu nagen oder auf irgendwelche Hilfen vom Staat/Familie abhängig zu sein.
    Vielleicht habt ihr irgendwelche Erfahrungen oder Tipps, das wäre wirklich sehr nett. :)

    Viele Grüße,
    Marcel
     
  2. Sunshine74

    Sunshine74 Guest

    Hi Marcel,

    versuch doch mal, Dich bei einem Berufsbildungswerk schlau zu machen. Für Behinderungen jeder Art gibt es geschützte Ausbildungsplätze und die Weitervermittlungsraten sind hoch. Auch sind das nicht nur pille-palle Ausbildungen. Ich hab hier in Greifswald mal 2 Monate dort Praktikum gemacht und war sehr beeindruckt. die verschiedenen BBWs bieten unterschiedliche Ausbildungen an. Eventuell kann man Dir dort weiterhelfen.


    Zum Thema Studium: ich denke, es kommt darauf an, was und wo Du studierst. Es schadet nie, sich eine Uni vorab anzusehen und solche Probleme zu diskutieren. An kleineren Unis hast Du eine gute Chance, eine individuelle Lösung zu finden. Würde ich ebenfalls einfach mal schauen. In erster Linie sieh mal, was Dich interessiert und was körperlich machbar ist. Das bestimmte Berufe von vornherein ausfallen , ist klar. Aber ein Studium muss nicht unbedingt dazu gehören. Nehmen wir an, ich wäre shcon früher krank geworden, dann hätte ich mir mein Studium anders organisiert. Es finden sich oft Mittel und Wege.


    LG Christina
     
  3. Chrissy22

    Chrissy22 Guest

    Hallo Marcel,

    also ich bin im öffentlichen Dienst tätig, habe da auch meine Ausbildung gemacht... Die Ausbildung war eine sehr gute, ich war die einzige Behinderte in der Ausbildung und bis auf einige Ausnahmen hatte ich keine Probleme mit meinen Mit-Azubis. Auch von seiten meiner AusbilderInnen gab es keine Probleme, sie waren sehr verständnisvoll und ich konnte mich immer an sie wenden wenn es mal Schwierigkeiten gab und zusammen haben wir alle überwunden. Alles in allem sehr gut, und der Vorteil im öffentlichen Dienst ist dass du einen Schwerbehindertenbeauftragten im Betrieb hast der dir auch jederzeit Unterstützung und Informationen geben kann... (gibt es bestimmt auch in der freien Wirtschaft, aber da kenn ich mich nicht so aus...) :D

    Ich hoffe, ich konnte dir helfen.

    PS: Wenn du einmal im öff. Dienst bist, wird dir sicherlich nicht so schnell gekündigt. Außer du stiehlst goldene Löffel die ich bis jetzt noch nicht gesehen habe... ;)

    Ach ja, Beamte müssen sich meines wissens privat versichern, ich glaube bei mir würde das wohl nicht mehr gehen.. :(

    VLG
    Chrissy
     
  4. Daydreamer74

    Daydreamer74 Guest

    Berufliches Fortkommen

    Hallo Marcel,

    bei der Rheumaliga gibt es genau zu diesem Thema eine neue Broschüre mit dem titel rheuma job und mehr wenn ich mich nicht irre. Ausserdem noch eine andere mit dem titel berufsfähig trotz rheuma. Beide kannst auch auf deren Homepage downloaden.

    Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus, würde ich auf jedenfall ne Beamtenlaufbahn anstreben wenn ich vorher gewusst hätte was kommt.

    Hoffe konnte dir weiterhelfen.

    Gruss

    Karsten
     
  5. Nixe

    Nixe Neues Mitglied

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    Hansestadt Stade/Elbe
    Berufsausbildung

    Moin,

    mein Sohn ist 17 und hat seit seinem 7. Lebensjahr Psoriasisarthritis. Er beginnt am 1.9. eine Ausbildung als Fachangestellter für Arbeitsförderung beim Arbeitsamt.

    Wenn du nicht studieren möchtest, obwohl ich selber viele Rheumatiker kenne, die trotz ihrer Behinderung studiert haben
    bzw. studieren, sollte man wie folgt vorgehen:

    - Kontakt zum Arbeitsamt mindestens 1 1/2 Jahre vor Schulende
    - Eignungstest machen, persönliche Stärken und Schwächen herausfinden, im Berufsinformationszentrum informieren über Berufe, die einem gefallen würden
    - dann wieder intensives Gespräch mit dem Arbeitsvermittler,
    den Test besprechen und schauen, was an Berufen überhaupt
    so in Frage kommt
    - danach ärztlicher Termin übers Arbeitsamt, dort wird man untersucht und geschaut, was man überhaupt für Tätigkeiten
    ausüben kann und was nicht
    - wieder intensives Gespräch - bei uns ab da mit dem zuständigen
    Vermittler für behinderte Menschen
    Dann wird überlegt, was sinnvoll ist. Möglich ist fast alles, was
    geht. Ggf. kann man im Berufsbildungswerk auch probieren, ob
    einem bestimmte Berufe liegen. Allerdings - es wird davon abgeraten, dort eine Ausbildung zu machen, sofern man nicht
    zu eingeschränkt ist.
    Du findest mit Hilfe des AAmtes einen Platz, wo das
    Arbeitsamt die Ausstattung des ARbeitsplatzes übernimmt und
    auch einen Teil der Ausbildungskosten. Uns wurde gesagt,
    gerade der öffentliche Dienst würde sehr gerne behinderte
    Jugendliche ausbilden (Stadt, Banken etc.). Aber auch beim
    Arbeitsamt oder Finanzamt hast du gute Chancen, ebenso bei
    den Krankenkassen. In der freien Wirtschaft gibt es Betriebe,
    die auch bevorzugt schwerbehinderte Azubis nehmen - einige
    lehnen dieses von vorneherein ab. Uli, mein Sohn, hat sein
    Praktikum im Arbeitsamt gemacht, eine einzige Bewerbung geschrieben
    und ist dann dort angekommen. Es ist im Berufsleben also
    nicht unbedingt ein Nachteil, behindert zu sein ;o). Ich würde
    dir raten, wenn möglich auch ein Praktikum dort zu machen, wo
    du gerne arbeiten möchtest.


    Wenn du noch mehr wissen möchtest, kannst du mich gerne
    auch privat anmailen

    Liebe grüsse von Nixe
     
  6. Ndarkwarrior

    Ndarkwarrior Guest

    Hi Marcel,

    ich arbeite im öffentlichen Dienst und ich kann dir schonmal eins sagen. Als Beamter ist es normalerweise sehr schwer eingestellt zu werden mit einer riesen Krankheitsgeschichte. Mit Ausnahme du hast einen Schwerbehindertenausweis (anerkannte Behinderung). Ich z.B. habe Morbus Still gegen Ende meiner Ausbildung im gehobenen Dienst bekommen und war daraufhin 6 Monate krank. Das kann sehr problematisch sein, da du ja als Beamter deine Bezüge weitergezahlt bekommst und kein Krankengeld. Prompt findest du dich im Angestelltenverhältnis wieder. Das ist aber auch nicht unbedingt schlechter. Ist nunmal für den Arbeitgeber sicherer, da er bei längerer Krankheit nicht Bezüge weiterzahlen muß, sondern Krankengeld einspringt.

    Generell gesehen ist der öffentliche Dienst wahrscheinlich aber dennoch das "Sicherste", um nicht morgen auf der Straße zu stehen. Was noch ein großer Vorteil für den öffentlichen Dienst ist, dass er so vielfältig ist. Eigentlich sollte für jeden etwas Interessantes dabeisein.

    Falls du noch irgendetwas Genaueres wissen möchtest, stehe ich dir noch gern zur Verfügung.

    Liebe Grüße
    Warrior
     
  7. Lecram

    Lecram Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
    194
    Vielen Dank euch allen für die ganzen Antworten!

    Ich glaube, ich werd mir mal einen Termin beim BIZ geben lassen.
    Ein Problem könnte auch noch werden, dass ich ja nicht als "behindert" gelte, also keinen Ausweis oder sowas habe.
    Ich weiß ja auch gar nicht, ab welcher Schwere man sowas bekommt.

    Mal schaun.
    Also, viele Grüße aus Berlin,
    Marcel
     
  8. B00MER

    B00MER Guest

    Hallo Marcel,

    kann nicht viel zum ei...gentlichen Thema beitragen, aber zu beruflicher Reha. Eine Verwandte von uns war öfter mal in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Durch diese Schulausfälle hatte sie gerade mal einen Hauptschulabschluß mit Ach und Krach geschafft.
    Heute ist sie im Berufsbildungswerk und macht eine Ausbildung als Industrie-Elektronikerin, wozu man eigentlich mittlere Reife, wenn nicht Abi bräuchte.
    Das AA bezahlt die Ausbildung, Unterkunft und Verpflegung, 2 Heimfahrten monatlich, nebst Bahncard.
    Je nach Finanzlage der Eltern wird sogar noch ein Taschengeld bezahlt.
    Ich kenne einiger Rheumatiker, die im Berufsbildungswerk Neckargemünd ausgebildet werden. Wenn Du möchtest, kann ich gerne den Kontakt zu Dir herstellen.

    Liebe Grüße und gutes Gelingen

    B00MER
     
  9. Gerlinde

    Gerlinde Guest

    Hallo Marcel,
    schau mal das Kursangebot der Berliner Rheuma-Liga an, die haben im September einen Infotag zum Thema Rheuma und Beruf.
    Ansonsten wäre es in Deinem Fall sicher ratsam, einen Beruf mit möglichst viel "Kopf" und eher wenig körperlichem Einsatz anzustreben - nach 12 Jahren CP weiß ich aus leidvoller Erfahrung, dass sogar der einfache Task "ziehe einen vollen Aktenordner aus dem Regal direkt am Schreibtisch" unangenehm sein kann.
    Insofern kann Dir ein Studium eine gute Zukunftsperspektive erschließen. Probleme, die sich durch die Krankheit währenddessen ergeben (z.B. Verlängerung der Schreibzeit bei Prüfungen), sind nach allem was ich bisher hier gelesen habe, eher eine Herausforderung an gute Organisation und Kommunikation, aber lösbar. Aber eine gute Ausbildung lohnt sich auf jeden Fall, denn: Qualifikation macht, trotz Handicap, interessant und unentbehrlich für den Arbeitgeber.

    Um dann den Sprung in die Berufspraxis zu schaffen, würde ich während des Studiums verstärkt Praktika machen, um so Kontakte zu potenziellen zukünftigen Arbeitgbern zu knüpfen (ist ja auch für "Gesunde" ein guter Weg in den Berufseinstieg) und sich in der Praxis zu bewähren.

    Bei meinen Praktika (Pressearbeit/PR) waren meine damaligen Einschränkungen ("Hinkebein", nur langsam Treppen steigen und natürlich keine schweren Aktenordner durch die Gegend tragen) kein Problem. Wenn man nur rechtzeitig und selbstbewusst darauf hinweist, dass man diese und jene Dinge eben nicht kann, findet sich immer Ersatz (die anderen 3 Praktikanten, die damals dann ohne mich die Nacht lang tausende von Papieren per Hand zusammengetackert haben, haben mich bestimmt nicht geliebt, aber darüber muss man dann hinweg sehen). Nach dem Studium habe ich mich dann selbstständig gemacht, wofür aber eher fachliche Gründe ausschlaggebend waren. Dennoch hat so ein selbstbestimmtes Arbeitsumfeld natürlich Vorteile, z.B. dass man den Rechner morgens nicht schon um 8.30 anwerfen muss....

    Und die Krankheit?? Natürlich kann sich die Ausbildung durch Schübe verlängern, aber gerade in den letzten paar Jahren hat die Medizin in unserem Bereich ja Quantensprünge gemacht, und es werden weiterhin Milliarden in die Forschung investiert, weil die rheumatischen Krankheiten (zum Glück) einen großen Absatzmarkt bilden. Ich denke, es besteht eine realistische Perspektive, dass in den nächsten Jahren weitere, hochpotente Medikamente entwickelt werden. Deshalb kann es gut sein, dass Deine körperlichen Einschränkungen in 15-20 Jahren gar nicht so gravierend sein werden.

    Ich persönlich halte es auch für sehr wichtig, dass man sich, Sicherheitsdenken hin oder her, einen Beruf sucht, den man interessant findet und in dem man sich selbst auch verwirklichen kann. Gerade wenn es mir mal nicht so gut geht, kann ich mich mit den beruflichen Problemstellungen gut ablenken.

    Viele Grüße - Gerlinde
     
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