Die Auswirkungen der Agenda 2010

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von trombone, 28. Juli 2003.

  1. trombone

    trombone die Schreibtischtäterin

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    Es ist Montag, der 3. Juni 2010, 5 Uhr morgens. Der Radiowecker reißt
    Günther S. (46) aus dem Schlaf. Der Oldie-Sender spielt Modern Talking. Herr
    S. quält sich aus dem Bett. Gestern ist es etwas später geworden.

    Bei der Arbeit. Dienst am Pfingstsonntag - mal wieder. Früher konnte er
    danach wenigstens ausschlafen. "Ja ja, der Pfingstmontag", murmelt Herr S.,
    "ist das wirklich schon sieben Jahre her?" Es hat sich wirklich einiges
    getan seit damals. Nur nicht in seinem Haus.

    Als 2005 die Eigenheimzulage plötzlich doch gestrichen wurde, mussten sie
    eben Abstriche machen. Und inzwischen hat sich Familie S. daran gewöhnt. An
    die frei liegenden Leitungen und den Betonfußboden.

    Gut, denkt Herr S., dass damals die Garage noch nicht fertig war. Denn der
    Wagen ist längst verkauft. Zu teuer, seit es keine Kilometerpauschale mehr
    gibt. Und mit Bus und Bahn dauert es in die City ja auch nur zwei Stunden.
    Und was man dabei für nette Leute trifft. Zum Beispiel die Blondine, die
    Herrn S. immer so reizend anlächelt. Zurücklächeln mag er nicht. Wegen
    seiner Zähne. Aber was will man machen?

    3000 Euro für zwei Kronen sind viel Geld. Und schon die Brille musste er
    selbst bezahlen. Hat dabei aber 15 Euro gespart. Weil er nicht gleich zum
    Augen-, sondern erst zum Hausarzt gegangen ist. Wegen der Überweisung.

    Trotzdem: Der Urlaub fällt flach. "Das könnte Ärger geben zu Hause", stöhnt
    Herr S. vor sich hin. Traurig erinnert er sich an letzte Weihnachten. Als es
    nichts gab.

    2009 wurde nämlich auch in der freien Wirtschaft das Weihnachtsgeld
    gestrichen. Im öffentlichen Dienst ist das ja schon länger her. "Und bis
    wann gab's eigentlich Urlaubsgeld?", fragt sich Herr S.- er kommt nicht
    drauf.

    Damals hatte man jedenfalls noch genügend Urlaub, um das Urlaubsgeld
    auszugeben. Heute sind's ja gerade mal 19 Tage im Jahr. Pfingstmontag? 1.
    Mai? Geschichte. Das stand nicht auf der Agenda 2010 - so hieß sie doch,
    oder? Aber man soll nicht meckern. Die da oben, weiß Herr S., müssen noch
    viel mehr ackern.

    Darum kann Günther S. mit der 45-Stunden-Woche auch ganz gut leben. Er hat
    auch keine Wahl. Seit der Kündigungsschutz auch in großen Betrieben
    gelockert wurde, mag man es sich mit den Bossen nicht mehr verscherzen.
    Wer will sich schon einreihen in das Heer von sechs Millionen Arbeitslosen?

    Aber den Feiertagszuschlag für den Dienst an Pfingsten vermisst er schon.

    Was soll's, in 23 Jahren hat Herr S. es hinter sich. So üppig wird die Rente
    zwar nicht ausfallen, wenn das mit den Nullrunden so weitergeht. Doch wer
    weiß: Vielleicht bringt ihn das Rauchen vorher um. Obwohl er weniger qualmt,
    seit die Schachtel neun Euro kostet. Aber heute, auf den letzten Metern zum
    Büro, steckt Günther S. sich trotzdem eine an.

    Grüße von
    Birgit - die nicht hofft, dass es wie oben beschrieben kommt.
     
  2. Marie2

    Marie2 nobody is perfect ;)

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    entenhausen
    liebe birgit,

    das hoffe ich von herzen auch!

    allerdings befürchte ich, dass das beschriebene szenario der
    wirklichkeit sehr nahe kommt. *schauder*

    marie
     
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