Adelbert von Chamisso (1781-1838) Küssen will ich, ich will küssen Freund, noch einen Kuß mir gib, Einen Kuß von deinem Munde. Ach! ich habe dich so lieb! Freund, noch einen Kuß mir gib. Werden möcht' ich sonst zum Dieb, Wärst du karg in dieser Stunde; Freund, noch einen Kuß mir gib, Einen Kuß von deinem Munde. Küssen ist ein süßes Spiel, Meinst du nicht, mein süßes Leben? Nimmer ward es noch zu viel, Küssen ist ein süßes Spiel. Küsse, sonder Zahl und Ziel, Geben, nehmen, wiedergeben, Küssen ist ein süßes Spiel, Meinst du nicht, mein süßes Leben? Gibst du einen Kuß mir nur, Tausend geb' ich dir für einen. Ach, wie schnelle läuft die Uhr, Gibst du einen Kuß mir nur. Ich verlange keinen Schwur, Wenn es treu die Lippen meinen, Gibst du einen Kuß mir nur, Tausend geb' ich dir für einen. Flüchtig, eilig, wie der Wind Ist die Zeit, wann wir uns küssen. Stunden, wo wir selig sind, Flüchtig, eilig wie der Wind! Scheiden schon, ach so geschwind! O, wie werd' ich weinen müssen! Flüchtig, eilig wie der Wind Ist die Zeit, wann wir uns küssen. Muß es denn geschieden sein. Noch nur einen Kuß zum Scheiden! Scheiden, meiden, welche Pein! Muß es denn geschieden sein? Lebe wohl und denke mein, Mein in Freuden und in Leiden; Muß es denn geschieden sein, Noch nur einen Kuß zum Scheiden! Paul Fleming (1609-1640) Wie er wolle geküsset sein. Nirgends hin als auf den Mund: da sinkts in des Herzen Grund; nicht zu frei, nicht zu gezwungen, nicht mit gar zu fauler Zungen. Nicht zu wenig, nicht zu viel: beides wird sonst Kinderspiel. Nicht zu laut und nicht zu leise: bei der Maß' ist rechte Weise. Nicht zu nahe, nicht zu weit: diß macht Kummer, jenes Leid. Nicht zu trucken, nicht zu feuchte, wie Adonis Venus reichte. Nicht zu harte, nicht zu weich, bald zugleich, bald nicht zugleich. Nicht zu langsam, nicht zu schnelle; nicht ohn' Unterscheid der Stelle. Halb gebissen, halb gehaucht, halb die Lippen eingetaucht, nicht ohn' Unterscheid der Zeiten, mehr alleine denn bei Leuten. Küsse nun ein Iederman, wie er weiß, will, soll und kan! Ich nur und die Liebste wissen, wie wir uns recht sollen küssen. Erich Fried (1921-1988) Dich küssen wollen Dich küssen wollen deine Finger und deine Handflächen deine Lippen und deine Zunge deine Augen und deine Brüste deine Achselhöhlen und Kniekehlen und deinen Schoß Dich einatmen wollen und ausatmen und wieder einatmen beim Küssen dich berühren und sehen wollen und riechen und kosten beim Küssen Dich anbeten beim Küssen und bei jedem Gedanken daran dich geküßt zu haben und dich wieder zu küssen Und wissen daß du es bist beim Denken an dich ...tja dem ist nichts hinzuzufügen oder? Gruss und Kuss von Kuki
Rilke apropos Kuss: Wie hat uns der zu weite Raum verdünnt. Plötzlich besinnen sich die Überflüsse. Nun sickert durch das stille Sieb der Küsse des bittren Wesens Alsem und Absynth. ---- Die Nacht holt heimlich durch des Vorhangs Falten aus deinem Haar vergeßnen Sonnenschein. Schau, ich will nichts, als deine Hände halten und still und gut und voller Frieden sein. Da wächst die Seele mir, bis sie in Scherben den Alltag sprengt; sie wird so wunderweit: An ihren morgenroten Molen sterben die ersten Wellen der Unendlichkeit. seeeeeeeufz! Gruss ak