Schwester hat vermutlich Rheumatoide Arthritis - doch abweichende Symptome

Dieses Thema im Forum "Entzündliche rheumatische Erkrankungen" wurde erstellt von matsch, 25. April 2016.

  1. matsch

    matsch Neues Mitglied

    Registriert seit:
    25. April 2016
    Beiträge:
    1
    Schwester hat vermutlich Rheumatoide Arthritis - abweichende Symptome - Basistherapie

    Guten Tag zusammen,

    ich würde gerne meine Schwester bei der Entscheidung für oder gegen eine Basistherapie unterstützen. Sie hat sich vor lauter Angst seit Wochen nicht so umfangreich wie nötig mit dem Thema auseinandergesetzt.

    Folgender Krankheitsverlauf konnte bei ihr beobachtet werden:

    - 1. Schub mit 16, dabei hochgradige Gelenkentzündung in Knien, Fußgelenk und Händen, starke Schmerzen und Hitzebildung in Ruhezustand

    - 2. Schub mit 16.5, ebenfalls hochgradige Gelenkentzündung in Knien, Fußgelenk und Händen, starke Schmerzen und Hitzebildung in Ruhezustand

    - 3. Schub mit 23 (!!!), also gut 6 Jahre ohne große Komplikationen, dabei nun Symptome in Hand, Finger und Zehgelenken
    -> Dabei der dritte Schub viel weniger schlimm bei Schmerzen, Schwellung und Hitzebildung
    -> Nur Knie beidseitig leicht betroffen
    -> Kälte macht es schlimmer
    -> Ein Mittelfinger (vorher schon mal von einer Volleyballverletzung betroffen) schwillt trotz Cortison nicht ab


    Durch allgemeine Neigung zu Entzündungen (Blasenentzündungen, Weissheitszähneentzüngung, Mandelentzündung) während der Zeit der ersten beiden Schübe war die erste Diagnose eine reaktive Arthritis.

    Durch das Wiederkehren ohne Entzündungen, und durch keine Nachweisbarkeit im Blut, tendieren die Ärzte und Unterstützer doch zur rheumatoiden Arthritis.

    Die wichtigste Entscheidung die nun bevorsteht: Basistherapie ja oder nein?

    Vielleicht war jemand von euch in einer ähnlichen Situation war, und kann vielleicht erläutern, wie ihr damit umgegangen seid, was eure wichtigsten Informationsquellen waren, was ihr wieder so machen würdet, und was nicht.

    Da in dem sehr hilfreichen Beitrag https://www.rheuma-online.de/krankheitsbilder/rheumatoide-arthritis/ vor allem hervorgehoben wird, dass schnelles reagieren essentiell ist, hoffe ich, dass ihr mir etwas weiterhelfen könnt, damit ich meine Schwester unterstützen kann.

    Wenn ihr noch Tipps jeglicher Art habt, bin ich ebenfalls sehr dankbar. Da meine Schwester sportbegeistert war, wäre es ebenfalls toll, wenn jemand Alternativen zu konventionellen Sportarten wie Fussball oder Volleyball geben könnte, oder bereit wäre mal mit ihr zu telefonieren und ihr ein wenig Mut zu machen. Das kommt von einer Rheuma-erfahrenen Person bestimmt authentischer als von mir ;)


    Liebe Grüße

    Max
     
    #1 25. April 2016
    Zuletzt bearbeitet: 25. April 2016
  2. Heidesand

    Heidesand Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    21. Dezember 2008
    Beiträge:
    2.160
    Ort:
    Gelsenkirchen
    hallo Max,

    willkommen hier bei RO :)

    ich finde es toll, dass du deine Schwester unterstützen willst und dich mit dem Thema Rheuma auseinander setzt.

    Ich kann von mir aus sagen, Basis JA auf jeden Fall. Ist deine Schwester beim internistischen Rheumatologen in Behandlung?
    Wenn nicht, sollte sie einen Termin machen um das gründlich abzuklären. Leider vergeht oft viel Zeit, bis man einen Termin
    bekommt......es gibt einfach zu wenig Fachärzte. Wenn deine Schwester akute Beschwerden hat, könnte sie auch stationär
    in eine Rheumaklinik gehen zur Diagnostik.

    Es gibt viele Sportarten, die sie machen kann (manche in Massen). Ich bevorzuge Wasser :)

    "alles wird gut"
    Heidesand
     
  3. Birte

    Birte Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
    929
    Ort:
    Leipzig
    Hallo Max,

    schön, dass du dich für deine Schwester informieren möchtest!

    Du hast bisher so wenige Antworten bekommen, weil das Thema etwas heikel ist. Die Beschwerdebilder hier sind extrem vielfältig und nicht immer durch die schriftlichen Aussagen der User objektiv zu beurteilen und mit der eigenen Situation zu vergleichen.

    Man kann eigentlich nicht zu- oder abraten, da die Konsequenzen einer solchen Entscheidung dramatisch sein können - und die Verantwortung kann hier keiner übernehmen. Zumal wir natürlich auch alle keine Ärzte sind. Was wir tun können, ist zu informieren, damit der andere dann eine informierte Entscheidung treffen kann und die möglichen Konsequenzen kennt.

    Fakt ist: Die Entzündungen schädigen die Gelenke, manchmal schnell, manchmal langsam, aber in vielen Fällen irreparabel. Daher ist es wichtig, diese möglichst schnell in den Griff zu bekommen - wodurch auch immer. Kopf in den Sand stecken hilft gar nichts - in der Zwischenzeit vergeht viel Zeit und die Entzündungen schmurgeln munter weiter. Das tun sie natürlich auch bei einer Fehlentscheidung bezüglich der Therapie. Es gibt Leute, die nach eigener Aussage durch Ernährungs- und Lebensumstellung eine Verbesserung der Symptome erreicht haben. Persönlich getroffen habe ich allerdings noch keinen. Auch mit homöopathischen Mitteln ist es schwierig - viele hier im Forum haben berichtet, dass sie das ohne großen Erfolg ausprobiert haben und dann ein Jahr später dann doch bei der Schulmedizin gelandet sind. Es mag Leute geben, die dadurch Erfolge hatten, aber auch da habe ich noch keinen getroffen. Es gibt natürlich viele Leute, die einem alle möglichen Dinge aufschwatzen wollen, weil es angeblich gegen "Rheuma" hilft. Auch das muss man im Hinterkopf haben.

    Wichtig zu wissen und zu akzeptieren ist, dass eine rheumatische Erkrankung keine Krankheit ist, bei der man zum Arzt geht, Mittel xy verschieben bekommt und dann ist alles wieder gut. Auch sind es keine Krankheiten, die jeden Tag gleich sind oder auf einen Körperbereich beschränkt sind. Die meisten Autoimmunerkrankungen werden z. B. u. a. von bleierner Erschöpfung begleitet. Die Krankheiten sind größtenteils nicht einfach zu diagnostizieren und man muss als Rheumapatient eher in Monaten und Jahren rechnen, als in Tagen und Wochen was einen Wirkungseintritt von Medikamenten angeht. Eine Ausnahme ist hierbei das Prednisolon (Cortison), das in der Regel sehr schnell wirkt. Allerdings ist das das Medikament mit vermutlich den häufigsten Nebenwirkungen und eine Dauermedikation damit sollte möglichst vermieden werden und falls das nicht geht (wie z. B. bei mir) sollte die Dosis möglichst schnell reduziert und die Erhaltungsdosis niedrig sein (vorzugsweise unter 5 mg täglich).

    Es gibt mittlerweile recht viele, meist einigermaßen verträgliche und gut wirkende Basismedikamente. Begonnen wird meist entweder mit Azulfidine (Sulfasalazin) oder MTX (Methotrexat). Beides hat sich bewährt und in vielen Fällen lässt sich damit bereits eine Teil- oder Komplettremission (Verschwinden aller Symptome) erreichen. Auch ist - anders als bei anderen Basismedikamenten - ein Wirkungsverlust eher selten. Falls das Medikament nicht vertragen werden sollte oder nicht oder nicht ausreichend wirkt, würde man ein anderes Medikament (bei nicht ausreichender Wirkung zusätzlich) geben. Ich selbst nehme MTX mittlerweile über 20 Jahre (leichte Übelkeit am Tag danach) und habe auch schon die meisten der anderen Basismedikamente ausprobiert und alle gut vertragen. Am Anfang werden die Blutwerte engmaschig, später in größeren Abständen überwacht, um Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten frühzeitig zu erkennen.
    Was zu beachten ist, dass man unter vielen Basismedikamenten nicht schwanger werden sollte. Die Medikamente müssen dann vorher abgesetzt werden.

    Ich bereue meine Basistherapie nicht - ansonsten wäre ich sicher nach 27 Jahren mit schwerer Psoriasis-Arthritis nicht mehr in der Lage, mich selbst zu versorgen. Ich würde mich jederzeit, auch in der Rückschau, wieder dafür entscheiden. Leider hatte ich nur eine Komplettremission am Anfang meiner Rheumakarriere - fünf Jahre beschwerde- und medikamentenfrei - aber zumindest wird die Aktivität soweit ausgebremst, dass die Gelenkschäden nur langsam fortschreiten.

    Und heute sind die Medikamente deutlich besser und es gibt viel mehr Möglichkeiten. Tatsächlich kommen viele zumindest zeitweise in die Remission und haben keine Probleme mehr - aber auch ohne Remission kann man ein normales Leben führen (mit kleineren Einschränkungen). Natürlich trifft man die "Geheilten" eher weniger hier im Forum - der Userkreis scheint größtenteils aus "Anfängern" und "schwereren Fällen" zu bestehen. Die anderen verschwinden dann meist wieder, wenn die Beschwerden verschwinden.

    Zum Thema Sport: Ich habe es da ja eher mit Churchill gehalten (No sports), aber Bewegung ist natürlich gut. In den aktiven Phasen etwas Gelenkschonenderes (Schwimmen, Wassergymnastik, Fahrradfahren, Geräte) - aber in Remission sollte zumindest Fußball für deine Schwester wieder möglich sein, falls die bisher aufgetretenen Gelenkschäden nicht zu groß sind. Volleyball wird vermutlich schwierig, da durch das viele Springen sicher eine größere Gelenkbelastung auftritt.

    Mit dem Mutmachen ist es so eine Sache - ich wäre eher zum Angstmachen geeignet, da ein schwerer Fall auf jemanden am Anfang der Krankheit eher so das Alptraumszenario darstellt.

    Sie sollte - gerade in jungen Jahren - falls die Beschwerden es zulassen, der Krankheit möglichst wenig Raum geben. Ich habe in ihrem Alter meine Medikamente genommen, das gemacht, was ich konnte und ansonsten nicht viel über die Krankheit nachgedacht. Auch jetzt noch versuche ich mir trotz mittlerweile erheblicher Einschränkungen mein Leben so einzurichten, dass ich möglichst wenig von der Krankheit merke. Die beste Strategie meiner Erfahrung nach ist, die Krankheit wie einen lauten Nachbarn zu behandeln. Der ist mal laut, mal leise, geht aber nicht weg - und man selbst kann meckern und sich beschweren, das hat aber eher keinen Einfluss darauf, außer das man seine Zeit mit Meckern und sich Beschweren verbringt.

    Zu dieser Erkenntnis kommt man natürlich nicht über Nacht, und Menschen sind ja auch unterschiedlich. Es gibt leider keinen Schalter, den man umlegt und der dazu führt, dass man selbst und das Umfeld perfekt auf die Krankheit eingestellt sind.

    A propos Umfeld - wichtig wäre, dass ihr versucht, etwas auf sie einzugehen, möglichst, ohne einen großen Akt davon zu machen. Vermutlich will sie eher weniger über die Krankheit reden - glaub mir, das Aushalten ist schlimm genug und man hasst sehr schnell die Frage nach dem Befinden oder warum denn immer noch keine Besserung eingetreten ist. Zumal ein Nichtbetroffener keine Vorstellung davon hat, wie sich das anfühlt und die meisten es auch gar nicht wissen wollen.
    Ja, es kann morgens gut und nachmittags besch... sein. Ja, es kann sein, dass eine Party am Abend dazu führt, dass man am nächsten Tag im Bett liegen muss - aber man muss die Feste halt feiern wie sie fallen.

    Es ist zwar keine schöne Krankheit - aber Angst haben muss man erstmal auch nicht. Die allermeisten Fälle heutzutage haben sehr gute Aussichten, ein völlig normales Leben zu führen. Es sind nur wenige Fälle, die mit den Medikamenten nicht in den Griff zu bekommen sind - das Bild hier im Forum ist glaube ich diesbezüglich ein wenig verzerrt.

    Was die Medikamente angeht - auch davor muss man (trotz beängstigendem Beipackzettel) auch keine Angst haben. Man wird engmaschig überwacht, sodass Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten schnell bemerkt werden, FALLS sie denn auftreten sollten.

    So, ist jetzt doch etwas länger geworden... ich hoffe, es hilft ein bisschen.

    Liebe Grüße,

    Birte
     
    sabr90 gefällt das.
  4. Motzi

    Motzi Mitglied

    Registriert seit:
    27. Oktober 2015
    Beiträge:
    65
    Ort:
    Schleswig-Holstein
    Hallo Birte,
    ich habe Deinen Beitrag bewundernd und mit Achtung vor Deiner Einstellung gelesen. Ich bin noch nicht lange bei ro. Meine seronegative Arthritis wurde erst vor 8 Monaten diagnostiziert und ich habe mich hier im Forum schlau gemacht. Deine Worte sprechen mir voll aus dem Herzen. Mit Deinem Beitrag hast Du "matsch" sicher sehr geholfen und ich wünschte mir, dass noch viele Neuankömmlinge hier Deinen Beitrag lesen. Vielen Dank dafür!
    LG
    Motzi
     
  5. Birte

    Birte Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
    Beiträge:
    929
    Ort:
    Leipzig
    Vielen Dank, auch an aischa, die sich in meinem Profil für den Beitrag bedankt hat. Es ist schön zu wissen, dass es jemandem ein kleines bisschen geholfen hat - gerade wenn der Beitrag etwas länger wurde :).
     
  6. O-häsin

    O-häsin Guest

    Hallo Max,
    zwar habe ich keine RA, aber alle autoimmunen Erkrankungen werden mit Medikamenten behandelt, die das überschießende, den eigenen Körper angreifende Immunsystem dämpft. Ich kann also aus meiner Erfahrung berichten. Nachdem bei mir eine system. Vaskulitis diagnostiziert und anfangs hochdosiertes Cortison gegeben wurde, ging es um ein Basismedikament, um Cortison einzusparen. Natürlich war ich froh, dass der Entzündungsherd zurückgedrängt wurde. Und dank Cortison ging es mir so gut wie lange nicht mehr. Wozu dann ein weiteres Basismedikament, das in der Organtransplantation (oder in der Krebstherapie) angewandt wird, nehmen, welches Nebenwirkungen machen kann, die man nicht will. Also lehnte ich dankend ab und kam mir selbstbestimmt und souverän vor. Vom Cortison wollte ich auch nichts mehr wissen. Ich krank? Weiter Medikamente nehmen? Ich doch nicht. Nicht mehr. Mir ging´s doch gut. Also ließ ich auch das Cortison sein.

    Das ist mir aber schlecht bekommen!! Es ging mir so schlecht, dass ich nicht mehr bis zur Türe kam und kaum noch den Telefonhörer in der Hand halten konnte. In der Zwischenzeit, bis zum Neubeginn der Behandlung, hatte sich weitere Organbeteiligungen eingestellt, mit denen ich auch heutzutage immer wieder mal zu tun habe.

    Damals war ich dumm und uninformiert (-heute bin ich wenigstens nicht mehr uninformiert). Bei einer RA, wie bei einer Vaskulitis, hat man es mit einer Erkrankung zu tun, die mehr ist als ein Schnupfen, einer die Lebensqualität beeinträchtigende Erkrankung, die man in Schach halten muß, um keine oder möglichst geringe Schäden zu erleiden. Entsprechend muß man herangehen, da hilft kein Hustenbonbon. Vor allem natürlich nicht, den Kopf in den Sand zu stecken.

    Ich weiß noch genau, was damals in mir vorging. Den (Denk-)Ansatz hab ich immer noch, aber ich bin heute informiert und weiß, was auf mich zukommen kann, wenn ich die Medikamente nicht nehme. Damals habe ich nur daran gedacht, mir nicht durch "Chemiekeulen" noch sostwas einzuhandeln. Konnte mir nicht vorstellen (oder wollte es nicht wissen, weil:ich doch nicht!), was bei unbehandelter Erkrankung oder unangemessener Behandlung passieren kann. DAS aber will doch auch niemand. So relativiert sich dann schnell die Sicht, und die heißt meiner Ansicht nach: es gibt keine Alternative, wenn man möchte, dass es einem, hier Deiner Schwester, auf Dauer einigermaßen zufriedenstellend gut gehen soll.
    Mit besten Wünschen.
    o-häsin
     
    sabr90 gefällt das.
  1. Diese Seite verwendet Cookies. Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden