Zusatzbeitrag der Krankenkassen, Deutschland hat die höchsten Preise für Biologicals

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von uli, 27. Januar 2010.

  1. uli

    uli Mitglied

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    Im Eingangsbeitrag von r-o wird angekündigt, dass 8 Krankenkassen Zusatzbeiträge erheben.

    http://www.rheuma-online.de/news/artikel/ab-1-februar-zusatzbeitraege-bei-8.html

    In der NDR Sendung vom 26.01.2010 wurde mitgeteilt, dass in Deutschland die höchsten Preise für Biologicals gezahlt werden. Da in den USA die Biologicals wesentlich günstiger sind werden ca. 18% der Patienten mit Biologicals behandelt und in Deutschland gerade 3% der Patienten. Hier das Zitat:


    „Doch nur etwa drei Prozent der Betroffenen werden hierzulande mit Biologicals behandelt. Denn die Therapie mit einem TNF-α-Blocker kostet in Deutschland bis zu 30.000 Euro im Jahr. Da es sich bei dem Medikament um einen hoch spezifischen Wirkstoff handelt, zu dem keine Alternativen zur Verfügung stehen, können die Hersteller in Deutschland hohe Preise verlangen. Bislang fehlen in Deutschland neutrale Institutionen, die Preisempfehlungen für Medikamente erarbeiten und Höchstgrenzen festlegen“

    http://www1.ndr.de/ratgeber/gesundheit/rheuma100.html


    Das Problem sei, meint Dr. Rainer Hess, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses, "dass Deutschland als einziges Land Europas sich den Luxus letztlich erlaubt, dass mit der Zulassung eines Arzneimittels dieses Arzneimittel zu dem Preis, den der Hersteller selbst festsetzt, zu Lasten der Solidargemeinschaft bezahlt wird."
    "Nicht das Gesundheitssystem, sondern ausschließlich der Hersteller bestimmt, wo man bestimmte Produkte zulassen sollte", sagt Prof. Gerd Glaeske vom Sachverständigenrat Gesundheitswesen. "Wenn dann noch ausschließlich der Hersteller - anders als in allen anderen europäischen Ländern - den Preis ohne jede Verhandlung vorweg bestimmt, dann hat man Kapitalismus pur. Es wird aus der Krankenversicherung herausgepresst, was möglich erscheint."

    http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/nano/astuecke/108685/index.html

    Dies wird auch am Beispiel von Lucentis versus Avastin deutlich:

    "Mit der Zulassung von Lucentis steht ein zugelassenes Medikament zur Verfügung mit der Folge, dass die Krankenkassen nach der bisherigen Rechtsprechung Avastin gar nicht mehr bezahlen dürfen", fürchtete Preißler. Die Behandlung mit Lucentis kostet 18.000 Euro im Jahr, bei Avastin waren es 400. Novartis bezeichnete 2007 den Preis als "gerechtfertigt".

    http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/nano/astuecke/108685/index.html


    Unten im Forum gibt es einen Beitrag, dass Humira in Deutschland doppelt so teuer ist, wie in den Niederlanden.

    „Über den Preisunterschied habe ich auch mächtig gestaunt. In den Niederlanden kam so ein Humira Pen 570€ und die angeblich billigste Variante in Deutschland kostet ca 920€ (4er Packung) - da stimmt doch was nicht!!!“

    http://www.rheuma-online.de/phorum/showthread.php?t=40699





    Dies ist natürlich z.T. darauf zurückzuführen, dass dort die Mehrwertsteuer auf Medikamente viel geringer ist als in Deutschland. Aber auch wenn man die Mehrwertsteuer herausrechnet, ist Humira in den Niederlanden um ein Viertel günstiger als in Deutschland.

    Solange sich niemand dafür verantwortlich fühlt, dass die Preise für Medikamente in Deutschland frei festgesetzt werden können, steigen die Kosten für die Krankenversicherung und wir bekommen trotzdem nicht die Biologicals. Daneben darf man nicht vergessen, dass Vater Staat mit 19 % Mehrwertsteuer kräftig mitverdient. (19 % von 30.000€ sind natürlich auch besser als 7% von vielleicht 20000 €).


    Außerdem ist es doch merkwürdig, dass festgestellt wird, dass Deutsche 18 x pro Jahr zum Arzt gehen. Wenn ich eine cP habe muss ich mindestens einmal im Quartal zum Hausarzt (4x) um mir eine Überweisung zum Rheumatologen geben zu lasen (4x). Wenn dann noch alle 4 – 8 Wochen Blutabnahmen hinzukommen (6x bis 12x pro Jahr) zzgl. der Besprechung der Blutwerte (6x bis 12x pro Jahr), bei Frauen kommt dann die gynäkologische Untersuchung hinzu, bei Verschreibung der Pille mindestens 2x (ggf. 4x pro Jahr). Dann kommt noch 2x pro Jahr der Zahnarzt (nur Vorsorge) hinzu. Bei diesen Untersuchungen komme ich schon auf mindestens 24 Arztkontakte pro Jahr oder gar 38 Arztkontakte pro Jahr. Hinzu kommen noch ggf. Augenarzt, Radiologe usw.
    Diese Termine muss man als Patient wahrnehmen, um den Behandlungserfolg nicht zu gefährden. Dass dies als nicht billig ist, kann sich jeder vorstellen.


    Mich würde interessieren, was ihr davon haltet?

    Uli
     
  2. Marie2

    Marie2 nobody is perfect ;)

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    liebe uli, vielen dank für den beitrag!

    es ist ein ärgernis ohne gleichen, die exorbitanten preise für arzneimittel.
    dummerweise glaube ich nicht, dass unser gesundheitsminister rösler geeignet ist, den pharmaunternehmen auf die füsse zu treten, ihre macht zu beschneiden. wie könnte jemand dies wollen, wenn man einen superlobbyisten der pkv mit aufgaben betraut, die 70 mio gesetzlich versicherte betrifft. das gesamte gesundheitssystem wäre um etliches billiger für uns patienten, wenn endlich jemand durchgreifen würde, und preise und machenschaften bekämpfen würde.

    wegen der arzttermine, das kann ich so nicht bestätigen.
    wegen einer laborbesprechung bin ich noch nie in die praxis bestellt worden, und man kann auch ohne ü zu seinem rheumatologen gehen im quartalsbeginn.

    ich habe natürlich auch gelesen, dass wir deutsche weltmeister bei arztbesuchen sind. grund kann eine kollektive arztsucht der deutschen sein, allerdings auch die angst der beschäftigten krank zu werden, und den job zu verlieren.

    wer stoppt die pharmaunternehmen in ihrer profitgier?
    warum fällt mir gerade die schweinegrippe ein......

    schönen dank für den diskussionswürdigen beitrag! marie
     
  3. kakamu

    kakamu Neues Mitglied

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    Hi uli,

    ja, das mit den Medikamentenpreisen ist schon heftig.
    Ärgere mich zwar jeden Monat über die hohen KK-Beiträge - wenn ich dann aber denke, dass bei mir dank Biologocals und Schmerztherapie in einem normalen Monat (ohne KKH) rund 3.000 Euro an Kosten zusammenkommen, dann ist das schon anders. Mein GG zahlt hohe KK-Beiträge und geht seltenst zum Arzt. Wir unken daher immer, dass wir unsere eigene Solidargemeinschaft sind. ;)

    Bei den 18 Arztbesuchen pro Jahr im Durchschnitt war ich eher erstaunt. Ich als cp- und Fibro-Schrotti seit 20 Jahren komme auf
    4 x Hausarzt zum Überweisung holen, mehr nicht
    4 x Rheumi
    4 x Schmerztherapeutin
    2 x Gyn
    2 x ZA
    Dann vielleicht noch 1 x Neurologe oder 1 x Radiologe pro Jahr.

    Ok, dann ist natürlich die Frage, ob die regelmäßigen Blutkontrollen etc. hier mitzählen - oder nur reine Arzt-Patienten-Kontakte / Gespräche.
    In jedem Fall finde ich das für meinen körperlichen Zustand und im Vergleich zu "gesunden" Leuten in meinem Umfeld recht wenig. Reicht mir persönlich aber vollauf aus.

    Und: was heißt Durchschnitt? Mein GG geht, wenn überhaupt 1 x im Jahr zum Hausarzt. Und ich kenne auch Leute, die ihren Krankheitsgewinn nicht missen möchten und unglücklich sind, wenn sie nur 1 x pro Woche beim Arzt sitzen und nicht 2 oder 3 x. Und dann natürlich auch andere, die wirklich oft den Arzt aufsuchen müssen, weil es nicht anders geht, gar keine Frage.

    Bei den offiziellen Krankheitstagen ist das doch ebenso. Ich glaube, derzeit sind es im Durchschnitt 11 pro Jahr und deutschen Arbeitnehmer. Ich fehle aufgrund meiner Grunderkrankung max. 3 Tage im Jahr, KKH-Aufenthalte schon eingeschlossen. Erkältungen und Co sind abgeschafft ;-). Und geht nicht, gibt's nicht.
    Wenn ich mir dagegen meine "gesunden" Kollegen anschaue, die sich mind. 3 Tage pro Monat mit "ich fühl mich nicht so" , "mir ist nicht gut" verabschieden ... dann könnte ich manchmal richtig sauer werden. :mad:

    Traue also keiner Statisktik, die du nicht selbst gefälscht hast, oder so.

    Gruß,
    kakamu
     
  4. Heidesand

    Heidesand Bekanntes Mitglied

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    Hallo Uli,

    die Lobby bestimmt und die Politik ist schwach, so sehe ich das. Bisher hat noch kein Gesundheitsminister/in den Mumm gehabt, dagegen einzuschreiten. Könnte ja Arbeitsplätze gefährden :confused:, diese Drohung zieht immer.

    Die KK sind auch nicht flexibel genug. Ich habe selbst mal einen Antrag für ein Medi gemacht, das in EU aber noch nicht hier zugelassen war für RLS.
    Der Antrag wurde abgelehnt und ich musste die doppelt so teuren Medis, die nicht so gut gewirkt haben, weiternehmen bis zur Zulassung.

    Ich bin der Meinung, auch die KK müssen sich bewegen. Oftmals liest man, dass Behandlungen die weit billiger sind als Standartverfahren nicht bezahlt werden, weil sie nicht im Katalog stehen. :eek: Da wird Sparpotenzial nicht genutzt.

    Die vielen Arztbesuche könnten damit zusammenhängen, dass oft die Diagnostik mangelhaft ist, das lesen wir hier ja fast täglich. Meine Mutter hat 5 Orthopäden "verschlissen", bevor sie eine ordentliche Diagnose und Behandlung bekommen hat. Diese 5 "Spritzenserien" wären nicht wirklich nötig gewesen.
    Manchmal frage ich mich, ob die Medizinstudenten wirklich eine gute, fundierte Ausbildung haben. Was ich schon bei Jungärzten alles erlebt habe mag ich garnicht schildern. Denen hängt die Lobby doch auch am Kittel in Form von Pharmareferenten. Das müsste verboten werden....

    LG Heidesand
     
  5. schnurrie

    schnurrie Bekanntes Mitglied

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    Die 18 Arztbesuche pro Jahr sind ja nur ein Durchschnitt.
    Ein chronisch Kranker muß zwangsläufig öfter zum Doc als ein "Gesunder".
    Ich kenne meistens nur Leute, die 2-3 x im Jahr zum Arzt gehen. Ich gehe dafür mind. 15x zum Arzt.

    Ich frage mich aber auch, warum wir Deutschen die Spitze sind.
    Das mag zu einem an der hysterische Presse liegen, wenn wieder neue Krankheiten auf dem Vormarsch sind.
    Wenn ich da nur an die Schweinegrippe denke...

    Dann ist vielleicht auch ein wesentlicher Punkt, dass ein Arbeitnehmer beim Arbeitgeber einen Krankenschein abgeben muß.
    Habe ich eine "normale" Erkältung, braucht diese in der Regel 14 Tage zum auskurieren. In den ersten Tagen fühlt man sich meistens so schlecht, dass man nicht arbeiten gehen mag. Also muß ich zum Doc mir einen Krankenschein besorgen, sonst gibts Ärger in der Firma.
    In Schweden dürfen Arbeitnehmer 7 Tage zu Hause bleiben, bevor sie einen Krankenschein nachweisen müssen.

    Ich denke aber auch, dass die 10 Euro Quartalszuzahlung eine Rolle spielen. Ich bezahle 10 Euro und kann beliebig oft zum Arzt gehen.
    Da denken sicherlich viele Menschen "ich habe die 10 Euro bezahlt, also nutze ich nun alle Vorteile aus".

    Die Unfähigkeit vieler Ärzte ist ganz bestimmt ein wichtiger Grund.
    Ich hatte vor 2 Wochen heftige Schwellungen unterm Fuss. Bin zum meinem Hausarzt gegangen. Dieser hatte keine Ahnung und schickte mich weiter. Und dieser ebenfalls. Ich war wegen einer kleinen Erkrankung innerhalb von 9 Tagen bei 4 Ärzten gewesen.

    Sollen wirklich nur 3% der Erkrankten Biologicas erhalten.
    Hier im Forum bekommt es doch schon fast jeder dritte, oder?
     
  6. Rei

    Rei
    Gesperrter Benutzer

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    314
    Hallo Uli,

    die Beiträge/ Zusatzbeträge sind leider noch nicht hoch genug um einen Sturm der Entrüstung des Beitragszahlers auszulösen. Davon leben zahlreiche Kliniken und nicht nur die Pharmaindustrie. Der Abrechner der Krankenkasse fährt im Oberklassenfahrzeug vor und das Klinik-Management ist "hoch erfreut". Das bezahlt der Beitragszahler.

    Gespart werden muß daher bei den Krankenschwestern und angestellten Ärzten, damit der dritte Jahresurlaub der Führungsriege nicht gefährdet ist.

    VG Rei
     
  7. uli

    uli Mitglied

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    http://www.rheuma-online.de/phorum/showthread.php?t=41515

     
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