Vorsicht!!Geburtstagsgeschenke

Dieses Thema im Forum "Kaffeeklatsch" wurde erstellt von Fine, 7. April 2002.

  1. Fine

    Fine Guest

    Macht der Tropen

    Zuerst hatte Bräsike nicht gewusst, was er mit einer tropischen Pflanze anfangen soll. Doch Martha hatte ihm das rotblühende Gewächs mit so überschäumender Freude entgegengestreckt, dass er reaktionsschnell die Augen aufgerissen und an einen Ferrari Testarossa gedacht hatte. Auf die Art war es ihm gelungen, Martha in der Gewissheit zu wiegen, sie hätte einen Volltreffer gelandet. Bräsike wusste, wie empfindlich Martha seien konnte, und das Letzte, was er an seinem Geburtstag wollte, war Streit.
    An jenem Abend durchackerte Bräsike die Zimmerpflanzen-Enzyklopädie. Bei dieser Gelegenheit erfuhr er, dass seine Pflanze den Namen Vriesea splendens trug, aus den tropischen Wäldern Guayanas stammte und ein ziemliches Mimöschen war. So lechzte sie zweimal täglich danach, von allen Seiten besprüht zu werden. Zum erst mal in seinem Leben gab sich Bräsike einen Ruck und angelte nach der Sprühfalsche auf der Blumenbank. Wider Erwarten fand er Gefallen an der Sprüherei. Am nächsten Morgen wiederholte er, sehr zur Freude Marthas, die Prozedur, und als er am Abend nach Hause kam, führte ihn sein Weg nicht wie gewohnt zum Kühlschrank, sondern zu seiner Topfpflanze.
    Das ging so einige Tage. Bräsike kam nach Hause, grüßte im Vorübergehen und widmete sich dann seiner Vriesea. Nichtsdestotrotz ließ sie bald das Köpfchen hängen. „Der Herr gibt’s, der Herr nimmts“, hatte Martha gesagt, und Bräsike war es erschienen, als schwinge etwas Schadenfreude in ihren Worten. Anders als seine Angetraute, war er jedoch weit davon entfernt, sich mit einem bedauernden Achselzucken aus der Verantwortung zu stehlen. Nach einer eiligen Konsultation im Blumenfachgeschäft wusste er, dass er die Lichtverhältnisse des tropischen Regenwaldes bisher sträflich ignoriert hatte. „Täglich etwas Sonne“, hatte die Floristin doziert, „aber niemals zu heiß!“ Das war leichter gesagt als getan, denn Bräsikes Wohnzimmer schaute zur Südseite. Notgedrungen verbrachte die nächsten zwei Wochen damit, seine Vriesea nach Bedarf von einer Ecke des Zimmers in die andere zu tragen. Schließlich kam sie wieder zu Kräften, Bräsike fand zu alter Form zurück und glänzte in geselliger Runde mit lustigen Anekdoten über die eitlen Eigenheiten des empfindsamen Gewächses, so dass seine Bekannten ihn bald zu fragen begannen, was denn aus Martha geworden war.
    Was aus Martha geworden war, erfuhr Bräsike, als eines Tages einen Zettel auf dem Kühlschrank fand: Bin zu meiner Mutter gezogen. Gute Besserung. Martha
    Bräsike anwortete mit einem langen Brief, in dem er seiner Gattin für ihr Verständnis dankte und ihr ferner mitteilte, es sei nur vorrübergehend, und er ließe sie nachkommen, sobald er für Vriesea und sich eine geeignete Wohnung gefunden hätte.

    In diesem Sinne
    Fine
     
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