Krank oder Nicht-krank?

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von Erato, 28. April 2008.

  1. Erato

    Erato Guest

    Hallo,

    bin gerade über einen interessanten Artikel gestolpert, der zwar die Borreliose zum Thema hat, aber durchaus zum Nachdenken anregt über "krank" oder "nicht krank".

    http://www.tellmed.ch/tellmed/Kolumne/Nicht_krank_ist_nicht_gesund.php

    Vielleicht interessierts ja den Einen oder die Andere.

    In letzter Zeit setze ich mich mehr und mehr mit den Begriffen "krank" und "gesund" auseinander.
    Vorgestern bin ich darüber gestolpert: http://www.shiatsu-austria.at/magazin/magazin_47.htm
    Da bin ich mir schon wieder nicht ganz sicher, wie weit da die Grundaussage geht. Aber dennoch finde ich auch hier den philosophischen Ansatz interessant, auch wenn das ein sehr theoretischer ist.

    Beschäftigt Ihr Euch auch damit? Warum existiert/ warum gibt es Krankheit?
    Ist Krankheit "neutral" oder "bedeutet" sie etwas (zeigt sie ein Ungleichgewicht an, gleich ob materiell - z.B. durch Umwelteinflüsse oder genetisch oder A. - oder geistig)?
    Vom Kollagenosetag brachte ich den Flyer der Sklerodermie Selbsthilfe e.V. mit, dort fand ich auch einen überdenkenswerten Satz: "Nehmen Sie Ihre Krankheit an, ohne das sie lebendbestimmend wird. Bleiben Sie, wie Sie sind, wie Sie waren. Die Sklerodermie ist eine ernst zu nehmende Erkrankung, aber sie ist kein Lebensinhalt."

    Ich persönlich versuche gerade, etwas zu ändern. Über 2 Jahre dominiert mich die Erkrankung nun schon seit dem letzten Schub und derzeit bemühe ich mich, ihr diese Dominanz zu nehmen. Das fällt mir aber schwer angesichts der teilweise so bestimmenden Symptomatik.
    Auch bin ich ja noch im Diagnoseprozess, auch dass macht es so schwer, sich wieder auf das zu besinnen, was und wer ICH bin, ich außerhalb von Krankheit. Denn Vieles, was mich früher ausgemacht hat, geht nicht mehr.

    Also definiere ich mich neu. Natürlich ist das kein Prozess, der von heute auch morgen stattfindet, sondern mit der Zeit. Nur, dass ich für mich nun klar formuliert habe, dass ich nicht "die Kollagenose" oder "Spondyloarthritis" sein möchte.

    Dabei soll mir helfen, dass ich versuche zu arbeiten. Leider weiß ich, dass das scheitern kann, weil ich einfach nicht belastbar genug bin. Aber es würde mir helfen, mich selber wieder als "der Herr im Hause" zu fühlen (seit 2005 fühlte ich mich sehr fremdbestimmt durch die Erkrankung, was mich doppelt runterzieht).

    Vielleicht habt Ihr Lust, was von Euch zu erzählen, wie Ihr diesen Weg gegangen seid? Und wie Ihr heute darüber denkt...

    Gruß und schönen Abend
    Erato
     
  2. kukana

    kukana in memoriam †

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    Nach wie vor ist es doch so, dass der menschliche Körper irgendwo im Mittelalter stehen geblieben ist. Damals war man mit 48 jahren schon alt. Unsere Augen und Zähne halten nach wie vor so an die 40-50 Jahre, dann machen sich die altersbedingten Beschwerden breit. Arthrose, Arthritis, Sehnenrisse, Muskelabbau. Zellen sind nicht unendlich lange lebensfähig sondern sterben eines Tages. Nur durch die Medizin und evtl auch Ernährungs - sowie Lebensweise ist eine Verlängerung möglich.
    Sehen wir doch mal den Tatsachen ins Auge: der Tag der Geburt ist bereits der erste Tag in Richtung Tod. Das ist unsere Bestimmung. Wie wir die Zeit dazwischen nutzen liegt an uns.
    Krankheit und Alter sind normal, Gesundheit ein Glück. Nur wissen das die wenigsten Gesunden zu honorieren. Vielleicht muss man krank werden um die Zeit wo es einem mal gut geht (dank der Medizin) zu geniessen. Ein Körper der einem gegeben wurde lässt sich nicht beherrschen. Aber wir können ihn benutzen wenn wir ihn gut versorgen. Und unser Inhalt im Leben sollte eine Erkrankung nun nicht werden. Da gibts Schöneres.

    Ich versuche meiner Erkrankung einen Rahmen zu geben, je nachdem wie ich mich fühle. Manchmal zwinge ich mich zu Ruhepausen, weil ich genau weiß, dass mein Körper das benötigt, obwohl mein Geist grad Purzelbäume schlagen möchte.

    Kuki
     
  3. Locin32

    Locin32 Immer neugierig

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    Hallo Erato,

    das ist ein interessantes Thema.
    Ich muss mich daran auch immer wieder erinnern:

    Rheuma ist ein Teil Deines Lebens aber nicht Dein Leben.

    Ich habe hier viele liebe Menschen kennengelernt die,so komisch sich das auch anhört,mir ein Leben ermöglichen wo mich das Rheuma nicht mehr dominiert.
    Ansonsten bin ich mitlerweile recht eingeschränkt in meinen Möglichkeiten,soll heißen,Rheuma ist immer da und ich weiß das es so bleiben wird.
    Ich bin auch noch mittendrin in diesem Prozeß,jeder Schub wirft mich wieder ein Stück zurück aber es wird schon besser.:)
    Im Moment bin ich schon so weit, das ich meiner Familie damit nicht mehr auf die Nerven gehe (nur noch meinen Freunden :D)

    Krank bin ich eigentlich wenn ich eine Erkältung,Grippe o.ä. habe ansonsten bin ich nur nicht ganz Gesund.:D:D

    Zu der philosophischen Sache ;):D:

    Ich habe mir auch am Anfang darüber viele Gedanken gemacht z.B.
    Ist es als Strafe gedacht,wenn ja wofür?
    Was stimmt nicht mit mir?

    Das ganze wurde auch von wohlmeinenden Bekannten,Familienangehörigen ect. immer wieder durchgekaut,die Quintessenz:
    Ich habe mich dadurch immer schlechter gefühlt.
    Man wird kein "Aha-Erlebniss" haben...ich hatte zumindestens keins.
    Und selbst wenn?Was würde es mir bringen wenn ich wüßte was das ganze ausgelöst hat?

    Ich denke das beste was man machen kann ist zu versuchen die Krankheit anzunehmen,als einen Teil seiner selbst zu betrachten und auch die positiven Seiten zu sehen.
    Zum Beispiel inne halten und über dieses Thema nachdenken....hätten wir das vor der Erkrankung genauso gemacht? :)

    Liebe Grüße
    Locin32
     
  4. sailormars

    sailormars Neues Mitglied

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    Nach einer stressigen Phase kam ein neuer, noch schlimmerer Schub und das "Unglück" dazu, das Humira, für mich bis dahin DIE Bastion der Sicherheit vor der "Krankheit", doch nicht hielt. Ich fühlte mich schrecklich und habe ein Semester in den Sand gesetzt. Das erste - vorher war ich immer so stolz, dass ich mit Erfolg studiert habe UND gearbeitet habe UND Freizeit hatte, wie jeder andere auch - aber ich hatte auch Rheuma und schaffte alles trotzdem. ich war richtig krank und starrte Löcher in die Luft.- Wohlgemerkt - alles was jetzt kommt, gilt für meine Person, das macht und muss jeder anders machen! Ich habe mir dann einen Therapeuten gesucht...

    ...und habe mit ihm hart gearbeitet... und wir sind auch noch nicht am Ende...ich bin aber zu einigen Erkenntnissen über mich gekommen. Für mich ist es ein Kampf und ich bin nicht bereit die weiße Fahne zu schwenken, denn das bedeutet für mich bedingungslose Kapitulation - und Sieg der Krankheit. Wir sprachen natürlich darüber, dass ich dadurch Energien verschwende, die ich anderweitig einsetzen könne. Aber dieser Art des Umgangs ist meine Art mit den Dingen umzugehen, weil ich mit allen Dingen so umgehe - ich bekomme immer was ich will. Und nun zum ersten Mal klappt das nicht. Das allein ist schon ein harter Schlag für mich gewesen.

    Überdurchschnittlich viele Menschen fragen - *Na, wie gehts dir denn* und ich verabscheue es abgrundtief , wenn man mich das fragt. das kann noch so nett gemeint sein. Meine Umwelt fing und fängt an, mich nur noch über meine Krankheit zu definieren - sie interessiert sich nicht für MICH, sondern für meinen "Gesundheitszustand" - der für mich noch immer nichts mit mir als Person zu tun hat - das sind zwei vollkommen unterschiedliche Dinge.

    Und da schließt sich auch der Kreis - weil mich andere nur über die Krankheit definieren (nicht alle...) und mir sagen - *armes kind, du bist doch so krank* habe ich alles drumherum mit Gewalt weggedrängt und von Beginn an schon exzessiv mein Studium und meine Freizeit gestaltet. Ich MUSS immer eine eins haben und ich MUSS unbedingt - zugedröhnt bis an die Haarspitzen - ins Kino - oder in den Park zum Grillen und mich auf den Rasen setzen - nur um mir zu beweisen, das ICH das KANN. Ich habe dann das Gefühl, dass ICH der Herr in meinem Körper bin - und nicht andersherum.
    Nie, nie, nie habe ich mich mit meinem Rheuma entschuldigt. Eine Erkältung habe ich schamlos als Entschuldigung ausgenutzt - aber nur weil mir mein Rücken auf der Schmerzskala acht Punkte weh tat - ich bin trotzdem zur Uni gestiefelt und habe mich in die Bank gesetzt und bewegungslos 90 Minuten den Worten des Dozenten gelauscht. Bei der ersten Erkältung aberhabe ich erstmal das Sofa aufgesucht.
    es hat eine Weile gebraucht, bis der Therapeut mir vermittelte, bzw. ich einsah ;) - auch dies ist eine Form von beherrscht werden. Im Grunde hat die Krankheit mich doch dominiert. Ein Ziel ist es nun, dass ich versuche, tatsächlich selbst zu entscheiden, wann ich wirklich weg will (ist mein Körper ruhig - muss ich nämlich nicht ständig etwas unternehmen). Es ist nicht besonders einfach dort eine Grenze zu ziehen - denn ich brauche meine Freizeit und auch das Studium zur Ablenkung - denn dann gibt es Phasen, in denen ich mich "normal" fühle. Und der Therapeut verlangt auch von mir, dass ich bewusste Phasen in meinen Alltag einbaue, um mich zu erholen. (etwas neues das ich ausprobiere ist Selbsthypnose - das soll mir das Gefühl geben, mich selbst zu beherrschen, bzw. den Schmerz) Das zu akzeptieren ist auch nicht einfach für mich - denn das alles stempelt mich (für mich) als "krank" ab - in einer gewissen Weise als minderwertig. (Kein minderwertiger Mensch im ethisch-moralischen Sinn, nur eben weniger leistungsstark) Diese Maßstäbe lege ich allerdings nur für mich an - bei anderen bin ich da viel großzügiger.
    Insgeheim muss ich mir eingestehen, dass das ominöse krank-sein mich natürlich verändert hat - auch meine Persönlichkeit - es ist eine janusköpfige Angelegenheit - Ich werde die Krankheit NIE als einen Teil von mir betrachten - damit war der Therapeut auch einverstanden, das gehört zu meiner Perönlichkeit. Was ich jetzt "lernen" soll und auch zum ersten Mal will, ist, sie zu integrieren, wie einen ungebetenen Verwandten ;)
     
  5. Locin32

    Locin32 Immer neugierig

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    Hallo Sailormars,

    die Frage :Wie geht es Dir?
    Hast Du diese Frage vor Deiner Erkrankung noch nie von anderen gehört?
    Eigentlich ist es eine Floskel um ein Gespräch einzuleiten,mehr meistens nicht.
    Hast Du das da auch schon so empfunden,das man Dich über Deinen Gesundheitszustand definiert? ;)

    Ich finde Du bist sehr streng zu Dir selbst aber das weißt Du ja schon selber.
    Ich wünsche Dir, das Du Frieden mit Deinem Körper schließt (das hat nichts mit aufgeben zu tun).


    Alles liebe und gute für Dich
    Locin32
     
  6. sailormars

    sailormars Neues Mitglied

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    Norddeutschland
    Hallo Locin32,

    es gibt natürlich einen Unterschied zwischen dem small-talk-einleitenden "Wie gehts dir so" auf der Straße oder an anderen beliebigen Orten, dieses was-machst-du-so oder wie-läuft-es-so im Gegensatz zu dem tief-in-die-Augen-blickendem, Hand-auf-meine-Hand-legen und "Na, und... wie gehts dir?" raunen. Dieses schon fast sensationslüsterne Fragen, bei der die Antwort im Grunde nur heißen darf, "mir gehts so schlecht", weil sonst der Frager maßlos enttäuscht ist, dass er dir keine Tipps geben kann, sich nicht an deinem "Unglück" weiden kann und dir doch unbedingt erzählen wollte, dass es bei Aldi eine neue Rheuma-Salbe gibt, die bei seiner Oma auch geholfen hat und dann auch wirklich nochmal nachfragt, man könne ruhig ehrlich sein. Ok - das ist jetzt maßlos übertrieben und polemisiert, ich gebe es zu :D ... sozusagen die Karrikatur dessen, was ich ausdrücken wollte.;)
    Ich differenziere das natürlich - wie jeder andere Mensch auch. Aber letzteres kann ich eben überhaupt nicht haben - und habe ich vorher nie erlebt.
     
  7. Erato

    Erato Guest

    Krank oder nicht krank?

    Hallo,

    danke für Eure sehr interessanten und anregenden Beiträge.

    @Kukana, ja, oft denke ich auch, dass die natürliche "Halbwertzeit" einfach zuende geht und manchmal bin ich mir nicht mal ganz sicher, ob es eben nicht einfach "natürlich" ist, dass all diese Symptome nun auftreten.
    Unsere moderne Welt ermöglicht eben, ein Lebensalter zu erreichen, das weit über dem liegt, was bislang "normal" war. Ich habe mal einen Beitrag gelesen, in dem stand, würde man heute alles Menschen auch nur ihre "Ersatzteile" nehmen (künstliche Gelenke, Zähne, Hörgeräte, also alle Errungenschaften der modernen Welt), so würden wir unter Zombies leben. Der Anblick wäre schrecklich und man denkt spontan an Bilder des Mittelalters (z.B. Dürers Mutter), wo gut abzulesen ist, wie man ohne alle dies ausschauen würde.

    @Locin, auch ich versuche mich gerade wieder auf die "gesunde" Umwelt zu konzentrieren (bin also auch ganz selbsterzieherisch nicht mehr so aktiv in diversen Foren), um nicht den "Anschluss" zu verpassen und in eine Lebenswelt zu gleiten, die nur noch aus Kranksein besteht. Die Krankheit zu integrieren und zu akzeptieren ohne sich ihr auszuliefern und ihr die Macht über den Geist zu geben, ist wohl die große Kunst!

    Die Krankheit als Strafe anzusehen, habe ich von vornherein abgelehnt. Dieses Denken entspringt wohl auch massiv dem christlichen Glauben, der ja viel mit "Schuld" und "Strafe" beseelt ist.

    Ja, schon eher diese Frage tauchte bei mir anfangs auf. Inzwischen habe ich aber auch da einen Riegel vorgeschoben, weil auch diese Fragestellung schon mit Selbstvorwürfen gespickt ist. Ich habe beschlossen :rolleyes:, dass mit mir nichts "nicht stimmt" (das geht dann ja auch so in Richtung TCM, wo auch immer so ein unterschwelliger Vorwurf mitklingt, man müsse "nur" sich und sein Leben ändern, um zur Heilung zu kommen) , dass ich so, wie ich bin, ok und normal bin, nur, dass eben diese Erkankung in mein Leben getreten ist. Eher also sehe ich die Krankheit als "Aufgabe". So gesehen, könnte man das dann also auch spirituell/religiös sehen. Ich persönlich kann es aber so besser "annehmen".

    @sailormars: Es ist Kampf für Dich? Die Krankheit ist hart, aber Du bist härter? Ehrlich gesagt: DAS wäre mir zu hart. Ich möchte nicht täglich in den Krieg, das würde mich verbittern. Aber ich gebe Dir recht, dass man, um sich nicht aufzugeben in der Krankheit sich auch manchmal disziplinieren und Härte zeigen muss. Denn auch die Seele braucht ihre Zuwendung und dazu gehört, eben auch mal sich in den feuchtkalten Rasen zu setzen oder spät in ein Konzert zu gehen, wohlwissend um der (körperlichen) Konsequenzen, die das haben wird. Das geht aber nur bis zu einem bestimmten Grad, irgendwann zeigt einem die Erkrankung die körperliche Grenze.
    Ich mag die Frage "Wie gehts Dir denn?" auch nicht mehr gern. Denn eigentlich bin ich ein ehrlicher Mensch, andererseits möchte ich nicht mehr, dass auf die ehrliche Antwort wieder minutenlang das Thema Krankheit (und somit wohlmeindende, aber unbrauchbare Tips von "Gesunden") im Vordergrund steht.
    Ja, ich habe auch Tage (leider noch? nicht) Phasen, in denen ich mich "normal" fühle und die genieße ich sooooooo sehr. Auch bemerke ich an diesen Tagen, dass die Krankheit SOFORT überhaupt kein Thema mehr für mich ist. Es ist schön, dass der Geist die gute Eigenschaft hat, unangenehme Erfahrungen in den Hintergund zu drängen und dem Positiven Raum zu schaffen (auch eine Regenphase vergessen wir schon an dem tag, wo wieder die Sonne scheint, oder?)

    Ja, der ungebetene Verwandte, ein netter Vergleich. Ich war ja schon in meiner Pubertät anfallskrank. Das habe ich eigentlich immer ignoriert (bis auf die Tage, an denen ich immer ausgeschaltet war). Dann kam der erste Schub mit Folgen. Aber auch da habe ich mich noch nicht als "krank" im Sinne von "chronisch krank" gefühlt, mich immer als "eingeschränkter Gesunder" gefühlt. Erst seit dem letzten Schub und seit der umfangreichen Diagnostik, einigem Bemerkungen von Ärzten, etc.pp dämmerte es mir, dass ich "krank" bin, also eine Kranke. (Für mich war der Vorschlag, einen GdB- und dann Rentenantrag zu stellen, ein Schock.) Und von diesem von Außen herangetragenen Bild möchte ich mich gern befreien.

    Ich bin vielleicht individuell, habe Einschränkungen, die vielleicht andere nicht haben, aber ich fühle mich dadurch nicht anders als vorher und möchte mich selbst und von anderen als voll anwesender und ernst zu nehmender Mensch wahrgenommen werden - und nicht als "die Kollagenose".

    Mal sehen, was noch für Antworten kommen. Ich bin sehr gespannt.

    Liebe Grüße
    Erato
     
  8. Tennismieze

    Tennismieze Neues Mitglied

    Registriert seit:
    30. April 2003
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    Ort:
    Schleswig-Holstein
    Das leidige Thema, wie komme ich mit meiner Krankheit klar, bzw. bin ich krank?
    Die ersten Jahre verlief die CP so harmlos, daß ich mich noch nicht mal damit beschäftigen mußte, daß ich krank bin. Bis dann ein richtig unnetter Schub kam, der jetzt seit 1,5 Jahren keine Ruhe gibt. In dieser Zeit krachte es richtig im geistigen Gebälk. Ich mußte feststellen, daß so manches an selbstverständlichen Tätigkeiten einfach nicht mehr ging. Das große Hadern ging los. Gar nicht mal so mit der Krankheit und mir, sondern mit dem, was ich tun wollte und auch gewohnt war, daß es funktionierte. Gespräche mit Psychotherapeuten halfen mir nicht die Bohne.
    Geholfen hat mir schließlich mein Hausarzt, der mir den Kopf zurechtrückte, als ich tief in der Depression steckte und auch kein Licht am Horizont mehr entdecken konnte. Lektüre wie "Lebe Dein letztes Jahr" bewirkte eine andere Lebenseinstellung. Inzwischen ist das Gegenankämpfen gegen die Auswirkungen der CP ohne Sinn und Wert für mich. Mein Streben geht nur dahin, das was ich kann, im Rahmen meiner Möglichkeiten so gut wie möglich zu machen. Kleinigkeiten zu genießen, ist inzwischen wesentlich wichtiger als irgendetwas Materielles oder Zukünftiges. Ein Spaziergang in der Natur bringt mir viel Zufriedenheit, ebenso wenn ich dann doch ein Tennis-Match einigermaßen erfolgreich beenden kann.
    Im Großen und Ganzen ist eigentlich nur eins geschehen: Reduzierung der eigenen Ansprüche und aktiveres, aufmerksameres Leben für den Moment. Früher dachte ich auch immer, später dies oder jenes zu machen. Der Augenblick war nichts wert. Die Folge war, daß das Leben eigentlich nur an mir vorrüberrauschte. Heute ist die Zukunft eher begrenzt, was das Leben an sich allerdings nur intensiver werden läßt.

    Mit der Kirche hatte ich noch nie viel am Hut. War ich mal anläßlich Beerdigung oder Hochzeit in der Kirche/Kapelle konnte ich dem Sermon des Pfarrers eigentlich immer nur wiedersprechen. Hilfe habe ich dort nie gesucht und die Religion ist für mich kein Krückstock/Hilfsmittel/Hilfebringer.

    Die Krankheit ist immer noch weder Freund noch Feind. Ich bin immer noch ich, auch wenn ich krank bin. Es ist halt eine zusätzliche Eigenschaft, die ich kaum beeinflussen kann. Meinen persönlichen Wert machen ganz andere Charaktereigenschaften aus.
     
  9. Bernd-67

    Bernd-67 Guest

    Ich hatte gerade eine laaange Antwort geschrieben - las sich wie ein depressiv geschriebener Lebenslauf ...
    aber so sehe ich das gar nicht!

    Krank oder nicht krank - die Frage ist schnell beantwortet:
    Ich bin krank und nicht nur ein bißchen!

    das Leben hat sich radikal verändert und es geht auch so weiter aber, wie Andere auch schon schrieben:
    der Blickwinkel ändert sich,
    die Werte werden andere
    und das Ich - na das findet sich auch wieder.

    Manchmal ist es gut und manchmal ist es schlecht
    - am Schlimmsten finde ich die Planungsunsicherheit und die Sorge, wie es später weitergeht.
    Rente ist ja nicht so doll und Arbeiten wird wohl auch nichts beeindruckendes mehr ...

    Als Beispiel (Planungsunsicherheit) möchte ich hier Matzi und Rephi nennen,
    ich finde es sehr schade, das beide nicht mit nach Barcelona können, weil man nicht im Vorraus weiß, wie es einem, wann, geht.
    Klar kann jedem was dazwischen kommen aber Rheumis passiert das leider öfter - viel öfter ...
    lG Bernd
    - vielleicht werde ich doch noch Pabst?
     
  10. matzi

    matzi Bekanntes Mitglied

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    13. Juli 2004
    Beiträge:
    4.330
    Ort:
    im Grünen
    Ein gutes Thema!

    So komisch, wie sich das jetzt für Aussenstehende anhören mag, muß ich sagen das mir diese Krankheit mehr positive als negative Sachen gebracht hat!
    Die negativen wären : körperliche Einschrenkungen, Schmerzen!

    Aber wer hat von mir verlangt das ich alles nur 100% machen muß, das war ich doch nur selber!

    Die positiven wären : wahre Freunde, Reisen, man nimmt mich komentarlos mit all meinen Macken, es wird sich um mich gesorgt, ich kann jederzeit mein Leid und meine Freude teilen, ich muß mich nicht rechtfertigen mehr, ich werde nicht mehr belehrt, Ratschläge erfolgen nur noch auf Nachfrage, in meinem jetzigen Leben ist alles mehr auf " ich" gerichtet.

    Bestimmt nicht leicht zu verstehen und ich verlange das auch von keinem.
     
  11. matzi

    matzi Bekanntes Mitglied

    Registriert seit:
    13. Juli 2004
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    4.330
    Ort:
    im Grünen
    @ Bernd
    Wenn Du Pabst wirst, bewerbe ich mich als Messdiener! lach
     
  12. Schäfchen

    Schäfchen Guest

    :eek::eek: Messdiener Matzi von Papst Bernd :eek::eek:, das ist zuviel, ich geh ins Kloster :p.
    __________________________________________________________________

    Nun aber mal ganz im Ernst.
    Ich weiß, ich bin krank. Meine Hausärztin haut mir das immer mal wieder um die Ohren, wenn ich mit diversen Kleinigkeiten wie Erkältungen recht leichtsinnig umgehe. Meistens lässt dann die Strafe auch gar nicht lange auf sich warten.
    Zur Zeit fühle ich mich gar nicht sooo krank. Soll heißen, es ging mir auch schon schlechter. Könnte sogar frisch gepflanzte Bäume ausreissen;).

    Liebe Grüße
     
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