Nebenwirkungschaos "Teufel mit Belzebub austreiben?"

Dieses Thema im Forum "Hilfsmittel" wurde erstellt von Albstein, 20. Februar 2006.

  1. Albstein

    Albstein Mitglied

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    Hallo, ich bin hier im Rheuma-Forum neu und danke erst einmal allen, die so engagierte und wichtige Informationen geben. Ich selbst habe seit mehreren Jahren Gelenksprobleme, die zunächst immer als Arthrosen diagnostiziert wurden, Erst vor zwei Jahren habe ich selbst die Diagnose RA gestellt und dies wurde auch prompt durch entsprechend hohe Werte bestätigt. Die linke Hüfte ist z. B. schon ziemlich lädiert (GdB 70 % habe ich gerade durchgesetzt nach langem Verfahren!!). Ein Jahr lang nahm ich 15 mg MTX wöchentlich und tgl. Azulfidine, manchmal Bextra und Celebrex und bin in ein Chaos von Nebenwirkungen geraten. Der Gipfel war eine Immundepression durch MTX im November und ein Ausbruch von Herpes Zoster (Gesichts-Gürtelrose) mit 14 Tagen stat. Krankenhausaufenthalt. Habe im Moment rigoros seit drei Monaten alles abgesetzt, weil ich nicht "den Teufel mit Belzebub" austreiben will. Leider hat der Rheumatologe mich z. B. auf diese chaotische Nebenwirkung nicht hingewiesen. Folge ist auch ein Hornhautdefekt, weil sich der Herpesvirus im Auge festsetzte. Im Moment nehme ich nur zeitweise Schmerzmittel, wenn es gar nicht mehr auszuhalten ist - und sonst nichts, um den Körper einmal wieder frei von total verwirrenden Medikamenten zu bekommen.
    Mich würde interessieren, wer eine ähnliche Situation hat - oder hatte? Albstein
     
  2. Anke!

    Anke! Neues Mitglied

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    Ich bin froh, daß ich meine Medis habe...

    Hallo Albstein,

    herzlich willkommen bei RO!

    Ich habe seit fast 4 Jahre CP und der erste (und einzige) Schub war die Hölle; abgesehen von den Schmerzen, verformten sich meine Finger innerhalb von ein 4 Wochen.... Ich nehme seit dem MTX und Azathioprin -bin schmerzfrei und die Verformung der Hände hat gestoppt. Nebenwirkungen durch die Medis habe ich keine; außer vielleicht etwas Müdigkeit nach der MTX-Spritze.

    Du siehst also, jeder Körper reagiert anders auf die Medis - und ich möchte nicht wissen, wie es mir ohne Basistherapie heute gehen würde...
     
  3. Albstein

    Albstein Mitglied

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    Nicht zu gutgläubig sein - ist meine Erfahrung!

    Danke, Anke, es stimmt natürlich, dass jeder Organismus (in gewissen Grenzen) anders reagieren kann. Ich waren vor allzu shcneller Gutgläubigkeit!
    Ich habe versucht, meine Erfahrungen sowie mein jetziges End-Desaster aus zwei Jahren Therapie mit MTX und Basismedikationen wiederzugeben. Z. Zt. sind die Beschwerden ohne Medikamente ziemlich heftig (etwa im Durchschnitt doppelt so stark wie unter Medikation mit MTX usw., aber sie waren nie beseitigt durch MTX und Konsorten!!!); ich nehme als Schmerzmittel aber nur noch Dolormin extra (und säurehemmende Magenmedikamente. Was ich auch mit meinem Beitrag bezwecke: Ich möchte einfach alle LeidensgenossenInnen warnen vor zu viel „Gutgläubigkeit“ in die Therapien – nicht mehr und nicht weniger. Man muss selbst abwägen. Hätte ich persönlich genau gewusst, dass die Wahrscheinlichkeit für Herpes Zoster und die schwierig zu beherrschenden Folgeprobleme (Augenbefall, Nervenbefall durch Viren) bei meiner Altersgruppe zu 50 % besteht (das hat ein Hamburger Arzt kürzlich publiziert), hätte ich niemals MTX genommen! Jetzt sind meine Augen als Folgewirkung zusätzlich in Gefahr sowie auch noch diffuse Nervenschmerzen als Folgewirkung des Herpes Zoster aufgetreten. Zwar konnte ich durch MTX besser laufen, aber was nützt es denn, wenn man (irgendwann) als Folgeerscheinung nichts mehr sehen kann?? Sicher ist jeder Körper anders und auch jede Symptomatik in der Schwere usw. differenziert zu sehen – es mag mit Sicherheit auch das Lebensalter eine Rolle spielen bei rheumatoider Arthritis (RA) und den folgenden immunologischen Problemen. Ich finde es vom Ansatz her schon extrem abwegig, RA als Autoimmunerkrankung damit zu bekämpfen, dass (im Endeffekt) das komplette Immunsystem heruntergedrückt wird und damit die gesamte Lebensbasis des Organismus vorhersehbar geschädigt wird (Anfälligkeit für Infekte usw. extrem groß!). Aber noch etwas ist mir aufgefallen: Meines Erachtens wird die Forschung im Bereich RA nur schwach betrieben. Die Pharmaindustrie begnügt sich anscheinend damit, die „Hammer“-Medikamente unters Volk zu bringen. Das ist, stark vereinfacht, doch so, als wenn jemand, der Kopfschmerzen hat, sich mit einem Hammer auf den Schädel schlägt – dann ist der Schädel zwar hin, aber er hat auch keine Kopfschmerzen mehr. Toller Therapieerfolg bezogen auf die Beseitigung von Kopfschmerzen!! - oder? Aber im Ernst: Man wünschte sich als Betroffener, dass wenigstens ein paar Millionen aus AIDS-Sammlungen abgezweigt würden. Doch fragt man sich als jemand, der völlig unverschuldet in ein solches RA-Krankheitsdesaster kommt, warum spektakuläre Krankheiten wie AIDS forschungsmäßig mit viel höheren Summen ausgestattet werden. Ein Teil der AIDS-Betroffenen – was sie selbst zugeben – ist durch extrem perversen Lebenswandel selbst Schuld an dieser Krankheit – wir RA-Betroffenen sind dies aber eindeutig nicht. Damit will ich keinesfalls Menschen, die an AIDS erkrankt sind, pauschal in Misskredit bringen, um dies gleich gegenüber Kritikern klar zu stellen. Viele AIDS-Kranke (vor allem Kinder) sind durch schlimme Umstände (Eltern z. B. aidsinfiziert, die setzen unverantwortlich dann Kinder in die Welt) erkrankt und ebenso unschuldig und bedürfen der Hilfe!
    Auch noch eine kleine Anekdote, die beweist, wie uninformiert Ärzte und Pflegepersonal in Kliniken sein können (nicht überall – wohlgemerkt – es gibt sicher rühmliche Ausnahmen!).
    Ich bekam stationär tgl. etwa acht Infusionen, die jeweils an eine Venenbraunüle angeschlossen wurden. Das Setzen einer Braunüle ist für viele Ärzte schon ein „Brief mit sieben Siegeln“, da werden Venen durchstoßen usw., es wird an Braunülen gezogen, wenn diese mal wieder verstopft sind usw. Für MTX-Konsumenten mit zwangsläufig ja heruntergefahrenem Immunsystem besteht bei Unsauberkeit – gerade im Zusammenhang mit dem Braunüle-Setzen - immer die Gefahr einer (manchmal schwer beherrschbaren und deshalb tödlichen) Sepsis, z. B. durch krankenhaustypische Eiterbakterien an Fingern oder Geräten. Diese Zusammenhänge wurden z. B. bei mir völlig verharmlost, ich habe massiv einwirken müssen, dass man genügend antiseptisch vorging, um mich nicht weiter zu schädigen. Natürlich sind durch unakurates Setzen der Braunülen bedingte Venenentzündungen (schmerzhaft und langwierig!) gleichzeitige Folge bei mir gewesen. Das ist aber ganz normal. Ein Teufelskreis aus Unwissenheit und handwerklicher Unfähigkeit in Krankenhäusern. Dies alles einmal so zum Nachdenken – schaut Euren Therapeuten gewaltig auf die Finger und glaubt nicht alles, was so erzählt wird – und wehrt Euch!!!
     
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