Jetzt muß ich mich auch mal ausheulen..

Dieses Thema im Forum "Allgemeines und Begleiterkrankungen" wurde erstellt von joerg74, 8. April 2005.

  1. tigge1979

    tigge1979 Guest

    Lieber Jörg,


    ich kann mich nicht gut ausdrücken, wenn es um Gefühle geht, aber ich möchte es dennoch gern versuchen:

    In mir drinnen spüre ich Deine Liebe und die Wärme, die Du Deinem Vater gegenüber empfindest. Und mit Sicherheit warst Du auch einem Gefühl der Hilflosigkeit ausgeliefert, dass Du nicht helfen konntest, ihn wieder so wie früher werden zu lassen.

    Aber, weisst Du, lieber Jörg, Du, Deine Frau, Deine Mutter, der Hausarzt....ihr habt alle richtig gehandelt. Sicherlich möchte man dem Vater erklären, dass es zu seinem Besten war, vielleicht hätte er es aber nicht verstanden....wer weiß, wie die Krankheit schon in ihm gesteckt und ihn verändert hat.

    Es tut mir wirklich von ganzem Herzen leid, dass Dein gemeinsamer Lebensweg mit Deinem Vater - zumindest auf Erden - zu Ende ist. Er wird immer bei Dir sein, in Deinen Gedanken, in Deinem Herzen.....im Laufe der Jahre wirst Du ihn hoffentlich so in Erinnerung behalten, wie er war, bevor er erkrankte. Wir Menschen neigen ja glücklicherweise dazu, die schlimmen Dinge zu verdrängen.

    Dein Vater war mit Sicherheit ein lieber Mann, der sicher seinen eigenen Kopf hatte, aber genau das hat ihn ja ausgemacht. Du liebst Deinen Vater sehr, und Du wirst immer liebevoll an ihn denken.

    Im Moment bist Du ausgepowert, und das kann ich sehr, sehr gut verstehen. Der Tod und auch die ganze Krankheit vorher, die zermürbenden Umstände, die Aufregungen,....all das hat euch viel Kraft gekostet. Ihr seid ja bisher noch gar nicht richtig zur Ruhe gekommen und konntet eure Seele pflegen.

    Das, was nun kommt, ist Trauerarbeit. Trauer um die Wandlung Deines Vaters, Trauer wegen der Erkrankung, die ihn getroffen hat, Trauer um die Veränderung euch allen gegenüber. Und ihr müsst alle versuchen, Kraft aufzutanken und dann die Wunden, die geschlagen wurden, zudecken. Versucht, nur das Schöne in Erinnerung zu behalten, nicht die anstrengende und traurige Zeit.

    Du hast Deine Frau, einen wunderbaren Halt und eine wertvolle Stütze in Deinem Leben, und Du hast noch Deine Mutter, die wiederrum Dich und Deine Frau zur Verstärkung hat. Ihr Drei seid mit Sicherheit ein gutes Trio, dass sich gegenseitig trösten und Kraft geben kann....

    Der Schmerz wird noch andauern, aber irgendwann wird er einer liebevollen Erinnerung Platz machen....Dein Vater wird im Himmel genauso sein, wie er es in seinem Leben war, und er wird auf euch von dort aufpassen. So, wie er zuletzt war, dass war nicht er, das war nur die Krankheit. Tief in ihm drin war er der gleiche Mensch wie vorher und er hat mit Sicherheit bei eurem letzten Zusammentreffen versucht, das auszudrücken.

    Ihr verdient meinen Respekt und mein vollstes Mitgefühl möchte ich euch auch ausdrücken. Ihr seid eine wundervolle Familie, die den Stürmen des Lebens standhält. Lasst euch Zeit......ihr werdet gestärkt weiterleben.

    Ich wünsche euch von ganzem Herzen alles Liebe und Gute. Bitte richte die besten Wünschen auch Deiner Mutter und Deiner Frau aus - beide haben sich wirklich ganz toll gehalten unter der Belastung. Nun könnt ihr euch ausruhen, es ruhen lassen und dann hoffentlich schön weiterleben.




    Manuela
     
  2. tigge1979

    tigge1979 Guest

    Ich habe mir nun nochmal meine Antwort an Dich durchgelesen....ich hoffe, ich habe den richtigen Ton getroffen, aber ich bin mir nicht sicher.

    Besonders in meinem letzten Satz mit "schön weiterleben"....mir fiel kein anderes Wort ein. Ich weiss, dass das Leben für euch im Moment nicht "schön" ist, ich hoffe nur, dass ihr gut weiter lebt....wie soll ich es ausdrücken ?

    Ach, ich sollte es aufgeben. Würdest Du vor mir stehen mit Deinen Lieben, würde ich euch einfach umarmen....aus Unfähigkeit, meine Gefühle mit Worten auszudrücken - einfach, um euch zu zeigen, wie sehr ich mit euch fühle.

    Nochmals alles Liebe - ich werde für Deinen Vater heute Abend eine Kerze anzünden.




    Manuela
     
  3. joerg74

    joerg74 Neues Mitglied

    Registriert seit:
    3. Dezember 2004
    Beiträge:
    176
    Liebe Manuela,

    du hast schon den richtigen Ton getroffen.
    Mein Vater hatte in der Psychiatrie glücklicherweise nach einigen Tagen gesagt, dass er an der richtigen Adresse wäre (wenn er noch mal Probleme hätte, wollte er wieder gerne in diese Klinik). Wo er dann entlassen wurde, war er auch wie ausgewechselt. Es war einfach wunderbar wie wir miteinander reden konnten (so hätte ich es mir schon viele Monate früher gewünscht).
    Damit ich mich mal etwas entspanne und sich meine Gelenke mal ein wenig beruhigen, werde ich morgen mal in ein Thermalbad fahren.
    Ich wünsche dir noch ein schönes Wochenende...

    Gruß
    Jörg
     
  4. BrittaB

    BrittaB Guest

    Persönlichkeitsveränderung durch Hirnmetastasen

    Hallo,

    es fällt mir en bisschen schwer, Ihnen zu schreiben, weil Ihr Vater vielleicht inzwischen verstorben ist. Sie schreiben von einer negativen Persönlichkeitsveränderung nach der Strahlentherapie. Genau dies erleben wir jetzt bei meiner Schwiegermutter (59): nach diagnostiziertem Lungentumor wurden vor einigen Wochen auch Hirnmetastasen festgestellt und eine Strahlentherapie eingeleitet. Seitdem hat sie sich total verändert: sie ist teilweise aggressiv gegenüber uns Angehörigen, verfällt aber auch gelegentlich auch in besserwisserisches Gehabe und in Kaufräusche (sie ist noch recht gut zu Fuß und darf das Krankenhaus auch auf eigenen Wunsch verlassen). Wie sind Sie damals damit umgegangen? Wir haben die Angst, unsere Mutter eines Tages völlig verwirrt irgendwo auflesen zu müssen oder dass sie etwas völlig Unsinniges tut. Wie sind Ihre Erfahrungen? Sie würden uns damit sehr weiterhelfen.

    Herzliche Grüße

    Britta Boes



     
  5. joerg74

    joerg74 Neues Mitglied

    Registriert seit:
    3. Dezember 2004
    Beiträge:
    176
    Hallo Britta,

    ersteinmal herzlich willkommen hier auf RO.
    Mein Vater ist leider am 08.08.2005 friedlich im Pflegeheim eingeschlafen...
    Wie wir damit umgegangen sind, steht eigentlich fast alles hier im Forum bzw. im http://www.krebs-kompass.org/Forum/showthread.html?t=11079 (diesen link habe ich korrigiert und kann dieses Forum auch sehr empfehlen. Du kannst auch mal nach meinem Benutzernamen "joergz" im Krebskompass suchen.).
    Nehmt euch nicht alles zu Herzen, was eure Schwiegermutter macht bzw. sagt. Ich weiß, es ist sehr schwer die Ohren auf durchzug zu stellen oder sie evtl. auch mal links liegen zu lassen. Deiner Schwiegermutter empfehle ich eine Psychologischen Behandlung.
    Mein Vater wollte nie zum Psychologen, weil er ja nicht verrückt ist (haben wir immer als Antwort bekommen). Aber heute würden wir auch anders handeln als damals und die "Zwangseinweisung" viel früher machen. Hätten wir diese Einweisung nicht gemacht, dann hätten wir uns nicht friedlich verabschieden können und wären womöglich noch ausgezogen. So wie er nach der Psychiatrie war, hätte ich es gerne viele Monate früher gehabt. Man konnte sich wunderbar mit ihm Unterhalten usw., aber leider hat sich der Krebs zu sehr ausgebreitet und er war dann leider nur noch wenige Tage zu Hause.
    Denkt unbedingt an Euch und redet mal mit dem Onkologen über eine psychologische Behandlung oder kontaktiert mal den sozial psychologischen Dienst in eurer Stadt (die haben uns auch sehr geholfen). Wir hatten auch viele Gespräche mit unseren Hausarzt (es war auch der Arzt meines Vaters), der uns auch sehr geholfen hat.
    Ich hoffe, dass ich dir ein wenig helfen konnte. Wenn du noch Fragen hast kannst du sie gerne hier im thread stellen oder mir auch eine private Nachricht senden.
    Dir und Deiner Familie wünsche ich viel Kraft für die kommende Zukunft.

    Gruß
    Jörg
     
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