Sabine S.: Aufgrund von Nebenwirkungen (Schleimhautentzündung, Lungenentzündung, Löcher in der Haut) wurde Methotrexat nach 10 Jahren abgesetzt. Ist es nach einjähriger Pause wieder möglich Methotrexat zu nehmen oder sollte man, wenn einmal Nebenwirkungen aufgetreten sind, auf Methotrexat ganz verzichten, zu Gunsten von welchem Medikament?

Antwort: Ob man nach Absetzen von Methotrexat nach einer Pause wieder mit Methotrexat beginnen kann, hängt sehr von der Art dieser Nebenwirkungen ab.

Schleimhautentzündungen unter einer Therapie mit Methotrexat können z.B. oft ihre Ursache in einem schlichten Folsäuremangel haben (Methotrexat ist ein Gegenspieler, d.h. ein sogenannter "Antagonist" von Folsäure, einem Vitamin; dies ist ein wesentlicher Teil seiner Wirkung. In diesem Fall sollte man die Folsäurespeicher im Körper durch Gabe von Folsäure (z.B. Folsan) oder Folinsäure (z.B. Lederfolat) auffüllen und danach versuchsweise mit Methotrexat wieder beginnen. Sehr häufig wird Methotrexat danach wieder vertragen. In einem solchen Fall sollte dann aber in der Folge Folsäure oder Folinsäure einmal in der Woche 48 Stunden nach der Methotrexat-Einnahme oder Methotrexat-Spritze vorbeugend eingenommen werden.

Problematischer ist es mit einer Lungenentzündung. Man muss dabei zwei Arten von Lungenentzündungen unterscheiden. Das Vorgehen ist dabei grundverschieden.

Zum einen kann es unter einer Behandlung mit Methotrexat als Folge der etwas geschwächten Immunabwehr zu einer infektiösen Lungenentzündung kommen (Virusinfektion oder Infektion mit Bakterien, selten auch mit Pilzen). Bei einer solchen infektiösen Lungenentzündung muß Methotrexat pausiert werden und mit Antibiotika behandelt werden (zumindest bei bakteriellen Infektionen und Infektionen mit Pilzen; bei viralen Infekten helfen die klassischen Antibiotika nicht, hier muß je nach Art des Virus entschieden werden, ob ein Versuch mit sogenannten Virostatika möglich ist. Virostatika sind eine Art Antibiotika für Virusinfektionen. Für die meisten Virusinfektionen gibt es aber heute noch keine solchen Virostatika). Nach einem gewissen Sicherheitsabstand von etwa 2 Wochen nach Ausheilung der Lungenentzündung kann dann im Regelfall wieder mit Methotrexat begonnen werden.

Eine andere Form der Lungenentzündung unter einer Methotrexat-Behandlung ist eine nicht-infektiöse Lungenentzündung, die sogenannte Mtx-Pneumonitis. Dies ist eine sehr seltene, dafür aber auch sehr gefährliche Nebenwirkung der Methotrexat-Therapie. Auf Grund von neueren Daten, z.B. aus den Studien von Methotrexat im Vergleich zu Leflunomid (Arava) verfügen wir heute über relativ genaue Zahlen zur Häufigkeit dieser Mtx-Pneumonitis. Danach tritt sie bei 1 von 1.000 Patienten auf, die mit Methotrexat behandelt werden. Ursache ist eine Art allergische Reaktion auf Methotrexat. Daraus ergibt sich, daß diese Mtx-Pneumonitis sofort wieder auftritt, wenn man Methotrexat erneut einnimmt / gespritzt bekommt. Hat es sich bei einer Lungenentzündung unter Methotrexat um eine solche Mtx-Pneumonitis gehandelt, darf Methotrexat niemals mehr eingesetzt werden.

Therapeutische Alternativen sind in einem solchen Fall die übrigen zur Verfügung stehenden langwirksamen Antirheumatika, insbesondere das neue Leflunomid (Arava), in zweiter Linie Ciclosporin (Sandimmun, Sandimmun optoral), aber auch solche traditionellen Substanzen wie intramuskulär verabreichtes Gold. Je nach Lage der Dinge und abhängig von der individuellen Situation können als weitere mögliche Alternativen auch TNF-alpha-Hemmer wie Etanercept (Enbrel) eingesetzt werden.

In der Vergangenheit nahm man an, daß eine Mtx-Pneumonitis wesentlich häufiger als die angegebene Zahl von 1:1.000 ist. Insbesondere viele Lungenfachärzte vertreten noch heute diese Auffassung. Da die oben angegebenen Daten aber aus sehr sorgfältig durchgeführten und überwachten klinischen Studien stammen, sind sie wahrscheinlich wesentlich verläßlicher als die eher subjektive Meinung aus Einzelbeobachtungen. Erfahrene Rheumatologen vermuteten schon immer, daß die Diagnose einer Mtx-Pneumonitis zu häufig gestellt wird. Dies hängt unter anderem damit zusammen, daß man für diese Diagnose viel Erfahrung mit einer Methotrexat-Therapie und zugleich auch mit der Diagnostik von untypischen Lungenentzündungen braucht, da die Abgrenzung einer Methotrexat-Pneumonitis von sogenannten atypischen Pneumonien und von Virus-Pneumonien oft sehr schwierig ist.

Löcher in der Haut als Nebenwirkung einer Methotrexat-Therapie habe ich persönlich nie gesehen (und ich verfüge über sicher mehr als 10.000 Patientenjahre Erfahrung mit Methotrexat bei der Therapie rheumatischer und immunologischer Erkrankungen). Nichtsdestotrotz ist eine solche Symptomatik als sehr seltene Komplikation einer Methotrexat-Therapie denkbar. Ob man nach einer Methotrexat-Pause und Folsäure-Gabe nach einer solchen möglichen Nebenwirkung wieder mit Methotrexat beginnen kann, muß sehr vom Einzelfall und den ansonsten noch zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen abhängig gemacht werden. Ich würde in der Regel dann eher dazu tendieren, auf andere langwirksame Antirheumatika wie z.B. Leflunomid (Arava) oder ggf. auch auf einen TNF-Hemmer wie z.B. Etanercept (Enbrel) zu wechseln, sofern es keine Gegenanzeigen für eine solche Therapie gibt.

Experte: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer